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Der lange Weg zur Frontzahnästhetik

Klinischer Befund vor der Extraktion (Bild: Hans-W. Schellekens)
Dr. med. dent. Hans-W. Schellekens

Dr. med. dent. Hans-W. Schellekens

Mo. 14. Februar 2011

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MÖNCHENGLADBACH - Wohl keine Restauration stellt an den Behandler größere Ansprüche als beim Einzelzahnersatz mittels implantologischer Versorgung. Augmentation, Weichgewebsmanagement und zahntechnische Ästhetik müssen hier eine perfekte Symbiose ergeben. Das Anspruchsdenken und die Erwartungshaltung vor allem unserer Patientinnen stellt uns hier vor große Herausforderungen.

Der Einzelzahnersatz in der geschlossenen Frontzahnreihe ist eine große ästhetische Herausforderung. Erschwerend sind in der Regel chirurgische Vorbehandlungen, die zu einer Schädigung der labialen Knochenlamelle, aber auch die Insertion von Wurzelfüllungsmaterialien wie z.B. Silberamalgam, deren Bestandteile zu massiven Tätowierungen der Hart-und Weichgewebe führen. Der Versuch, diese erunreinigungen vollständig zu entfernen, ist zwecklos. Unser Bestreben sollte daher sein, mit den Mitteln der heutigen Augmentationstechnik und Weichgewebsmanagements nicht nur eine „optische Überdeckung“, sondern vor allem auch eine knöcherne Regeneration der entstandenen Defekte zu erreichen.

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Falldarstellung
Die 42-jährige Patientin wird schon seit längerer Zeit in meiner Praxis betreut. Anamnestisch war zu erfahren, dass nach einem Frontzahntrauma am Zahn 11 vor Jahrzehnten dieser mit einer Krone versorgt worden war. Vor und nach der Überkronung wurden Wurzelspitzenresektionen durchgeführt, in der ersten erfolgte der apikale Verschluss mit Silberamalgam. Dieses Verfahren war in den 1980er-Jahren durchaus üblich und entsprach der Lehrmeinung auch meiner studentischen und assistenzzahnärztlichen Ausbildung. Vor zwei Jahren kam es dann zu einer erneuten Fistelbildung apikal des Zahnes 11. Bereits zum damaligen Zeitpunkt wies ich die Patientin darauf hin, dass der Erhalt dieses Zahnes nicht möglich sei. Sie bat mich sehr eindringlich, auch aus privaten Gründen, eine weitere Resektion vorzunehmen. Wider besseres Wissens habe ich gemäß ihres Wunschs gehandelt. Heute weiß ich allerdings, dass die Patientin aufgrund ihrer hohen Lachlinie größte Sorgen hatte, dass es nach der Entfernung des Zahnes zu einem größeren Defekt im Frontbereich kommen würde, der sie ästhetisch stark beeinträchtigen würde. Sie war in diesem Sinne mental noch nicht bereit für eine Implantation. Positiv beeinflusst wurde sie allerdings durch eine erfolgreiche Frontzahnimplantation bei ihrem Ehemann, wobei die Verhältnisse dort wesentlich günstiger waren. Nach erneuter Fistelbildung kam es dann schließlich doch zur Extraktion des Zahnes. Versorgt wurde die Lücke mittels einer Tiefziehfolie, in der ein farbgenauer Frontzahn eingearbeitet war (Abb. 1 und 2). 

Eine Versorgung mittels eines herausnehmbaren Zwischenersatzes war aufgrund der Bisslage nicht möglich, die Befestigung eines Kunststoffzahnes durch SÄT post OP scheiterte leider mehrfach. Die Sondierung der labialen Knochenlamelle zeigte die erwartete Fenestration der labialen Knochenlamelle (Abb. 3).

Die Implantation
Sechs Wochen nach der Extraktion nahmen wir dann die Implantation als sogenannte verzögerte Sofortimplantation vor. Die Alveole war zu diesem Zeitpunkt krestal schon epithelisiert (Abb. 4). Die Antibiose erfolgte nach dem üblichen Schemata. Die Schnittführung beließ die Papillen der benachbarten Zähne völlig intakt. Deutlich zeigten sich sowohl die Fenestration und Dünne der labialen Lamelle als auch die massiven Amalgamtätowierungen. Die Präparation des Implantatbettes erfolgte unter größtmöglicher Sorgfalt mit etwas nach palatinal gerichteter Bohrung, um die extrem instabile Knochenlamelle nicht noch weiter zu traumatisieren. Die Ausrichtung des Implantates in horizontaler und vertikaler Richtung wurde nach den bekannten Standards vorgenommen. Wir inserierten ein XiVE S plus Implantat der Länge 13mm und Durchmesser 4,5mm (Abb. 5 bis 7).

Trotz der ungünstigen Verhältnisse erzielten wir durch entsprechende Maßnahmen, terminales Bone-Condensing, eine mehr als befriedigende Primärstabilität. Um den nach der Extraktion entstehenden Volumenmangel an Weichgewebe von palatinal auszugleichen, präparierten wir einen palatinal gestielten Bindegewebslappen. Danach augmentierten wir den labialen Bereich mit einer Mischung spongiöser knöcherner Chips und Bio-Oss. Die Sicherung des Augmentates erreichten wir durch eine Bio-Gide-Membran, die wir in solchen Fällen doppellagig verarbeiten, um eine längere Standzeit und eine weitere Volumenvermehrung zu ermöglichen. Fixiert wurde die Membran apikal über Frios- Titannägel. Der Wundverschluss erfolgte dann zweilagig. Nach Einklappen des palatinal gestielten Bindegewebslappens und Fixation über resorbierbares Nahtmaterial wurde das Augmentat terminal von dem labialen Mukoperiostlappen überdeckt und mit Nahtmaterial der Stärke 6/0 fixiert (Abb. 8 bis 11). Das klinische Ergebnis stellte sich zehn Tage post OP schon recht vielversprechend dar (Abb. 12). Der weitere Wundheilungsverlauf war völlig unauffällig, die Patientin hatte nahezu keine Beschwerden. Der nach vier Monaten angefertigte Zahnfilm der Regio 11 zeigte ein gut osseointegriertes Implantat (Abb. 13).

Die Implantatfreilegung
Aufgrund des reichlich vorhandenen Weichgewebsvolumens und des gelungenen Erhalts der benachbarten Zahnfleischpapillen sollte die Freilegung durch einfache Stanzung erfolgen. Abbildung 14 zeigt den Zustand der Gewebe direkt vor der Freilegung. Im Anschluss an die Stanzung folgte die Platzierung des Gingivaformers (Abb. 15).

Prothetische Versorgung
Der Plan war weiterhin, im unmittelbaren Anschluss der Freilegung die Abformung durchzuführen, um die Krone zeitnah binnen einer Woche einzusetzen und die weitere Stützung der benachbarten Interdentalpapillen gewährleisten zu können. Der primären Farbauswahl in der Praxis folgte dann eine Woche später die Farb-Individualisierung direkt im zahntechnischen Labor (Greven Zahnästhetik in Kaarst). So konnte am selben Tag die Krone semipermanent zementiert werden. Die Abbildungen 16 und 17 zeigen den Zustand vor und nach dem Eingliedern. Abbildung 18 zeigt den Zustand nach weiteren vier Wochen. Die Patientin war mit dem Ergebnis hoch zufrieden.

Zusammenfassung

Der beschriebene Fall zeigt, dass trotz ungünstiger Verhältnisse durchaus ein befriedigendes funktionelles und ästhetisches Ergebnis erreicht werden kann. Das Zusammenspiel bewährter Augmentationshilfen, -materialien und -techniken, eines möglichst atraumatisch operativen Vorgehens und ein ausgereiftes Implantatsystem mit seinen zugehörigen Komponenten sind der Schlüssel zu einem zufriedenstellenden Ergebnis.

Erschienen im Implantologie Journal 1/2011

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