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Harm Reduction beim Rauchen – Chancen erkennen, zielgerichtet handeln

Für Raucherinnen und Raucher, die ansonsten weiterrauchen, wäre die sachliche Aufklärung zum Konzept Schadensminderung eine sinnvolle Ergänzung zu bestehenden Maßnahmen. © Philip Morris
Philip Morris

Philip Morris

Di. 26. Juli 2022

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GRÄFELFING – Mit dem Rauchen aufzuhören ist der beste Weg, die damit assoziierten Gesundheitsrisiken zu reduzieren. In der Lebenswirklichkeit der meisten Raucherinnen und Raucher in Deutschland kommt der Appell zum Rauchstopp allerdings nicht an. Welche Chancen bietet hier das Konzept der Schadensminderung (Harm Reduction) in der Prävention für Raucherinnen und Raucher, die keinen Rauchstopp anstreben?

Rauchen zählt zu den größten vermeidbaren Risiken für die Gesundheit. Klar ist, der komplette Verzicht auf Tabak- und Nikotinprodukte ist der beste Weg, um diese Risiken zu senken. Trotzdem stagniert die Quote der Rauchenden in Deutschland seit Jahren auf konstant hohem Niveau. Laut der repräsentativen Deutschen Befragung zum Rauchverhalten liegt die Prävalenz der Raucherinnen und Raucher in Deutschland derzeit bei 34,5 Prozent.1 Diese Studie der Universität Düsseldorf zeigt außerdem, dass 89 Prozent der Raucherinnen und Raucher in den vergangenen zwölf Monaten keinen ernsthaften Versuch unternommen haben, das Rauchen aufzugeben.2 Vor diesem Hintergrund wird deutlich, dass der alleinige Appell zum Rauchstopp viele Raucherinnen und Raucher in ihrer Lebenswirklichkeit nicht erreicht. Ernsthafte Rauchstoppversuche sind in Deutschland trotz Aufklärungskampagnen und Tabakkontrollpolitik rückläufig.3 Für diejenigen erwachsenen Raucherinnen und Raucher, die sonst weiterrauchen würden, könnten wissenschaftlich fundierte, verbrennungsfreie und dadurch schadstoffreduzierte Alternativen daher eine sinnvolle Option sein, um das Weiterrauchen der Zigarette zu verhindern. Genau das ist das Prinzip der Harm Reduction4 beim Rauchen.

Das Verhalten der Menschen zu verstehen, ohne sie moralisch zu verurteilen und mit Pragmatismus auch kleine und kontinuierliche Verbesserungen in die richtige Richtung voranzutreiben, stellt den Kern eines auf Harm Reduction ausgerichteten Ansatzes dar.5 Im Vordergrund steht das medizinische und politische Bemühen, den Schaden einer bestimmten gesundheitsgefährdenden Aktivität zu reduzieren, anstatt die Handlung an sich zu unterbinden. Studienergebnisse bestätigen, dass der Harm-Reduction-Ansatz beim Rauchen einen Beitrag zur Verringerung der gesundheitlichen Auswirkungen des Zigarettenrauchens leisten kann.6 So hätten durch einen Wechsel zu rauchfreien Konsumalternativen in Deutschland zwischen 1995 und 2015 bis zu eine Million Lebensjahre zusätzlich gewonnen werden können.7

Zahlreiche internationale Medizinerinnen und Mediziner sowie Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler plädieren für sachliche Aufklärungskampagnen.8,9 Sie befürworten unter anderem, dass sich medizinische Fachgesellschaften sowie öffentliche Institutionen, wie die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung, zukünftig deutlich sichtbarer beteiligen.

Ein Blick nach Großbritannien lohnt sich. Hier verfolgen die Gesundheitsbehörden bereits eine inklusivere Strategie der Aufklärung und thematisieren seit Jahren nicht nur den Rauchstopp, sondern – gerichtet an Raucherinnen und Raucher, die sonst weiterrauchen würden – auch schadstoffreduzierte Alternativen zur Zigarette.10 Dies ist ein Ansatz, der wertvolle Erkenntnisse für die Bemühungen zur Prävention der gesundheitlichen Folgen des Zigarettenrauchens liefern kann, denn der Anteil der Rauchenden in Großbritannien ist halb so groß wie in Deutschland – Tendenz fallend.

Weitere Informationen zum Thema Harm Reduction beim Rauchen finden Sie unter www.was-raucher-wissen-sollten.de.

Redaktionelle Anmerkung:

Nachweise

  1. DEBRA-Studie: https://www.debra-study.info (Stand Juni 2022): Prävalenz aktueller Tabak-Raucher:innen in Deutschland.
  2. Kotz, D., Invited lecture: Smoking and smoking cessation in Germany: current data from the DEBRA study, 138th Congress of the Germany Society of Surgery Online, Germany, 13. April 2021.
  3. Kotz D, Batra A, Kastaun S: Smoking cessation attempts and common strategies employed—a Germany-wide representative survey conducted in 19 waves from 2016 to 2019 (The DEBRA Study) and analyzed by socioeconomic status. Dtsch Arztebl Int 2020; 117: 7–13. DOI: 10.3238/arztebl.2020.0007.
  4. „Harm Reduction (deutsch: Schadensminderung, Risikoreduktion) ist eine Strategie aus Medizin und Sozialpolitik zur Minimierung der Schädigung von Individuen und/oder der Bevölkerung durch schädliche Verhaltensweisen, die nicht vollständig vermieden oder verhindert werden können. Das Prinzip der Harm Reduction im Kontext einer Nikotinabhängigkeit argumentiert, dass, weil der Großteil der Schädlichkeit des Rauchens nicht auf dem Nikotin, sondern auf anderen Bestandteilen des Tabakrauches basiert, die Gesundheit und Lebenserwartung heutiger Raucher:innen signifikant verbessert werden könnten, indem man so viele von ihnen wie möglich ermutigt, auf eine rauchfreie Nikotinquelle umzusteigen.“ Royal College of Physicians, 2016: Nicotine without smoke – tobacco harm reduction. A report by the Tobacco Advisory Group of the Royal College of Physicians. London: Royal College of Physicians (https://www.rcplondon.ac.uk/projects/outputs/nicotine-without-smoke-tobacco-harm-reduction-0).
  5. Hawk, M., Coulter, R.W.S., Egan, J.E. et al. Harm reduction principles for healthcare settings. Harm Reduct Journal 14, 70 (2017). https://doi.org/10.1186/s12954-017-0196-4
  6. Kasza KA, Edwards KC, Kimmel HL, et al. Association of e-Cigarette Use With Discontinuation of Cigarette Smoking Among Adult Smokers Who Were Initially Never Planning to Quit. JAMA Netw Open. 2021;4(12):e2140880. doi:10.1001/jamanetworkopen.2021.40880.
  7. Rytsar,R.,Djurdjevic,S.,Nussbaum,A.,Kaul,A.,Bennewitz,E.,Lee,P. & Fry,J.(2022).Estimated Public Health Gains From German Smokers Switching to Reduced-Risk Alternatives: Results From Population Health Impact Modelling. Contributions to Tobacco & Nicotine Research,31(1) 35-51. https://doi.org/10.2478/cttr-2022-0004.
  8. Stoever, H. et al.: Neue Wege zur Eindämmung des Rauchens: Tabakkonsum & Schadensminimierung (“Tobacco Harm Reduction”). https://www.frankfurt-university.de/fileadmin/standard/Hochschule/Fachbereich_4/Forschung/ISFF/Veranstaltungen/Webinar_E-Zigaretten_2020/Positionspapier_E-Zigarette_final_28102020.pdf
  9. David J. K. Balfour, Neal L. Benowitz, Suzanne M. Colby, Dorothy K. Hatsukami, Harry A. Lando, Scott J. Leischow, Caryn Lerman, Robin J. Mermelstein, Raymond Niaura, Kenneth A. Perkins, Ovide F. Pomerleau, Nancy A. Rigotti, Gary E. Swan, Kenneth E. Warner, and Robert West, 2021:Balancing Consideration of the Risks and Benefits of E-Cigarettes American Journal of Public Health 111, 1661_1672, https://doi.org/10.2105/AJPH.2021.306416.
  10. Public Health England (2018): E-cigarette Evidence Update. (https://www.gov.uk/government/news/phe-publishes-independent-expert-e-cigarettes-evidence-review).
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