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Forscher weisen Millionen Jahre alten Zahnschmerz nach

Der 275 Millionen Jahre alte Kiefer des Labidosaurus hamatus weist unter anderem mehrere Zahnlücken auf. (Bild: Robert Reisz)
Yvonne Bachmann, DTI

Yvonne Bachmann, DTI

So. 1. Mai 2011

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MISSISSAUGA/LEIPZIG – Nicht nur Menschen, sondern auch Tiere haben mit Zahnschmerzen zu kämpfen, und das seit jeher. Forscher haben jetzt ein 275 Millionen Jahre altes Reptiliengebiss untersucht, das enorme Schäden aufwies.

Ein aus Paläontologen bestehendes Forscherteam der Toronto Mississauga Universität in Kanada inspizierte mehrere gut erhaltene Kiefer des Labidosaurus hamatus, einem Reptil, dass vor etwa 275 Millionen Jahren lebte. Eines der Gebisse war in weniger gutem Zustand als die anderen. Es fehlten Zähne, zudem war ein Zersetzen des Kieferknochens erkennbar. „Dieses Fossil stammt aus dem heutigen Texas. Das Gebiss wurde bereits in den sechziger Jahren gefunden, aber erst jetzt untersucht“, erklärt Professor Dr. Robert Reisz, Leiter des Forschungsteams, gegenüber Dental Tribune Online. Reisz, der sowohl Leiter des Fachbereichs Biologie als auch Leiter des Forschungsteams ist, beschäftigt sich im Rahmen seiner Forschungen hauptsächlich terrestrischen Wirbeltieren, die vor 250 bis 315 Millionen Jahren gelebt haben.

Eine Computertomografie des Dinosauriergebisses brachte den Wissenschaftlern weitere Erkenntnisse. Sie fanden Beweise für eine massive Infektion, die zum Zahnverlust, und durch einen Abszess sowie den Verlust von innerem Knochengewebe, zur Knochenzerstörung führte.

„Der Labidosaurus hamatus hatte bestimmte primitive Fähigkeiten, die man auch heute noch an Amphibien und Reptilien sehen kann. Ihm wuchsen kontinuierlich neue Zähne in allen Zahnfächern“, berichtet Reisz DT Online. „Wuchs ein neuer Zahn nach, wurde der alte nach und nach resorbiert und fiel irgendwann aus, genau wie unsere Milchzähne.“ Laut dem Paläontologen reduzierten sich bei einigen Reptilienarten, wie beim Labidosaurus oder seine Artgenossen Captorhinus und Labidosaurikos, der Kreislauf des kontinuierlichen Zahnwuchses im Laufe der Zeit.

Die Infektion am untersuchten Gebiss führten die Forscher darauf zurück, dass die Reptilien sich im Laufe der Zeit aus dem Wasser zurückzogen und ein Leben an Land führten. Die Reptilien passten sich dem Leben dort an. Viele von ihnen entwickelten dentale Fertigkeiten, um an Land lebende Tiere sowie ballaststoffreiche Blätter oder Halme zu fressen. Die primitiven Strukturen, in denen die Zähne nur locker eingewachsen und kontinuierlich ersetzt worden waren, veränderten sich bei manchen Tieren. Die Zähne verankerten sich fest im Kiefer, wurden nur noch selten oder gar nicht mehr durch neue ersetzt. Für manche Reptilien stellte dies einen großen Vorteil dar, da sie nun ihr Futter besser kauen konnten und die Nahrungsaufnahme erleichtert wurde. Da der Labidosaurus und seine Artverwandten auf der ganzen Erde verbreitet waren, deuten die Paläontologen diese Entwicklung als evolutionären Erfolg.

Die Veränderung brachte jedoch auch negative Seiten mit sich. Die Forscher vermuten, dass das Risiko für Kieferentzündung größer wurde, da die Zähne nun auf Dauer beschädigt werden konnten. Die Pulpa der angegriffenen und beschädigten Zähne war nun über einen längeren Zeitraum oralen Bakterien ausgesetzt, was bei Tieren, bei denen sich die Zähne regelmäßig erneuerten, nicht der Fall gewesen war.

„Dieses Fossil erweitert nicht nur unser Verständnis für Erkrankungen im Mundraum. Es zeigt auch, welche Vor- und Nachteile sich für manche Lebewesen ergaben, als sich deren Zähne weiterentwickelten, damit sie sich nicht nur von Fleisch, sondern auch von Pflanzen ernähren können“, erklärt Reisz.

Die Universität wird das Gebiss jedoch nicht behalten, wie der Paläontologe erklärt: „Das Exemplar gehört dem Carnegie Museum of Natural History, und es wird dorthin zurückgegeben. Es wird dort wahrscheinlich weiter aufbewahrt und demnächst einmal ausgestellt.“

Die Ergebnisse ihrer Untersuchungen veröffentlichen die Wissenschaftler im April in der Online-Ausgabe der Zeitschrift Naturwissenschaften – The Nature of Science.

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