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Wie die meisten Wirtschaftsbereiche wurde auch die Dentalindustrie von der Corona-Pandemie stark in Mitleidenschaft gezogen. Die gesamte europäische und internationale Wirtschaft steht vor einer enormen Rezession. Trotz der schwierigen gegenwärtigen Umstände schaut der Verband der Deutschen Dental-Industrie (VDDI) rund acht Monate vor der Internationalen Dental-Schau (IDS) positiv in die Zukunft. Dental Tribune International sprach mit dem Vorstandsvorsitzen Mark Stephen Pace über die aktuelle Lage der Industrie und die laufenden Vorbereitungen zur IDS, die wie geplant vom 9. bis 13. März 2021 in Köln stattfinden soll.
Herr Pace, wie genau sehen die Prognosen für die Dentalbranche Ihrer Meinung nach aus?
Die tiefe Rezession durch die Corona-Krise trifft alle Wirtschaftsbereiche enorm hart. Die Dentalbranche ist keine Ausnahme. Dennoch bildet sie, als besonderer Bestandteil der Gesundheitsbranche, in entscheidender Weise einen Unterschied. Die Corona-Krise zeigt, dass die Menschen auf vieles zu verzichten bereit sind, jedoch am allerwenigsten auf ihre Gesundheit.
Die Corona-Bedrohung hat das Bewusstsein für die hohe Bedeutung von Gesundheit in weiten Kreisen der Bevölkerung geschärft. Nach der Phase, in der viele Behandlungen und Operationen zurückgestellt wurden, werden den Menschen im Zuge der schrittweisen Lockerungen ihre nicht weniger wichtigen Gesundheitsfragen wieder bewusst. Das heißt auch, dass Patienten zurückgestellte Behandlungen und Vorsorgeuntersuchungen nun langsam nachholen. Es hat sich ein Nachfrage- und Behandlungsstau aufgebaut, der nun schrittweise wieder abgebaut wird, was selbstverständlich nicht sofort passieren kann. Eine Verbesserung wird aber schrittweise erfolgen.
Es gab Bedenken in der Patientenschaft, in der akuten Corona-Phase Zahnarztpraxen aus Furcht vor Ansteckungen aufzusuchen. Dabei zählen Zahnarztpraxen zu den hygienischsten Orten, die höchste Anforderungen an Hygiene und Sicherheit erfüllen müssen – die meisten Zahnärzte dürften ihre Hygienekonzepte überprüft und bei Bedarf aktualisiert und weiter verbessert haben. Die Zahnärzteschaft in vielen Ländern hat dies ihren Patienten überzeugend dargelegt, sie haben auch erläutert, dass das Verschieben von Präventionsterminen und das Vernachlässigen der Mund- und Zahngesundheit auch die Chancen mindert, lebensbedrohliche Krankheiten in der Mundhöhle zu diagnostizieren.
Wir gehören zur Gesundheitsbranche und wissen, dass Mund- und Zahngesundheit in enger Weise und einem hohen Maße mit der Allgemeingesundheit verknüpft sind. Das sollten wir bei jeder Gelegenheit betonen.
„Die Industrie wird längere Zeit benötigen, um wieder an die Umsätze der Vorkrisenzeit anknüpfen zu können“
Viele Dentalunternehmen – darunter auch große Hersteller – haben mit den Auswirkungen der Corona-Krise zu kämpfen. Wie ist das allgemeine Feedback Ihrer Mitglieder zur aktuellen Lage der Industrie?
Es ist völlig richtig, dass auch unsere Dentalindustrie sehr hart von der Corona-Krise betroffen ist. Die Nachfragerückgänge aus Praxen und Laboren gehen ihrerseits auf die ausbleibenden Patientenbesuche in den Praxen zurück; die Ausgangssperren und Beschränkungen haben weltweit alle Wirtschaftsbereiche lahmgelegt. Dadurch sind unsere Wertschöpfungs- und Lieferketten unterbrochen und teilweise sogar abgerissen. Die Folgen sind deutliche Umsatzrückgänge in der Industrie, Kurzarbeit und weitere Einschränkungen, etwa bei Veranstaltungen und Seminaren oder Fortbildungen der Industrie.
Viele unserer Mitglieder haben aber sehr flexibel und rasch gehandelt. Die Digitalisierung schreitet mit großen Schritten auch in den internen Unternehmensprozessen voran. Diese verbessert die Effektivität und Effizienz der Firmen. Zudem haben viele Anbieter statt der Präsenzveranstaltungen auf digitale Veranstaltungen gewechselt und diese noch ausgebaut. Das Interesse bei Anwendern ist in der Krise nicht weniger geworden, eher mehr. Viele Anwender hatten gezwungenermaßen mehr Zeit für Online-Fortbildung als vorher. Die Verlage und Medien leiden ebenso darunter.
Wird sich die Dentalindustrie in Europa bis Ende 2021 wieder erholen?
So schnell wird es wahrscheinlich nicht gehen. Die Industrie, damit meine ich auch die anderen Industriebranchen, wird längere Zeit benötigen, um wieder an die Umsätze der Vorkrisenzeit anknüpfen zu können. Gleichwohl sehen wir jetzt schon ermutigende Zeichen für uns.
Die Arbeitsfelder unserer Dentalbranche umfassen eine Vielzahl von Aufgaben: Diagnose, Behandlung und Prävention verschiedener Krankheiten oder anderer Probleme im Zusammenhang mit Zähnen, Zahnfleisch und unterstützenden Knochen. Zeitgemäße Zahnheilkunde bietet heutzutage eine große Fülle von Behandlungen für den Erhalt oder die Wiederherstellung von Mundgesundheit.
Die steigende Zahl älterer Menschen auf der ganzen Welt und die wachsende Nachfrage nach kosmetischen Zahnbehandlungen sowie die Zunahme zahnmedizinischer Verfahren erhöhen die Therapiemöglichkeiten und Anwendungen für jede Art von medizinischer Notwendigkeit und ästhetischem Verlangen der Patienten.
Aktuelle globale Marktberichte der Dentalindustrie zeigen Wachstumsraten über den Prognosezeitraum bis 2023 auf. So wird der Dentalmarkt in den kommenden Jahren mit einer CAGR von 7,6 Prozent wachsen. Laut Weltgesundheitsorganisation waren 2016 fast 3,58 Milliarden Menschen weltweit von Zahnerkrankungen betroffen. Die Prävalenz von Mundhöhlenkrebs und Zahnfleischerkrankungen unter den Menschen kurbelt die Nachfrage nach zahnärztlichen und zahntechnischen Gesundheitsdienstleistungen und damit das Wachstum der weltweiten Dentalindustrie an. Diese Leistungen sind unsere Pflicht und Berufung für die Versorgung von Menschen in der ganzen Welt.
„In ihrer bisherigen Form wird keine seriöse B2B-Veranstaltung auf der ganzen Welt stattfinden können“
Da fast alle Dentalmessen dieses Jahr verschoben oder abgesagt wurden, stellt sich die Frage, ob die IDS 2021 als die Weltleitmesse der Branche in ihrer bisherigen Form abgehalten werden kann. Wird es konzeptionelle Änderungen geben?
Wir leben in einer neuen Normalität, solange kein Impfstoff gegen COVID-19 gefunden ist. In ihrer bisherigen Form wird keine seriöse B2B-Veranstaltung auf der ganzen Welt stattfinden können. Wir sehen, wie intensiv Messegesellschaften daran arbeiten, alle Voraussetzungen zu erfüllen, um sichere Messen veranstalten zu können. Selbstverständlich sind alle Messen gehalten, die spezifischen Gesundheitsvorschriften und Schutzmaßnahmen einzuhalten, die die jeweiligen Regierungen und ihre Behörden vorschreiben. Wir arbeiten gleichzeitig daran, den Charakter der IDS als Kommunikationsplattform, als Marktplatz für Innovationen und als umfassendstes Schaufenster der weltweiten Dentalbranche auch unter den herrschenden Rahmenbedingungen zu erhalten. Gemeinsam mit der Koelnmesse arbeiten wir daran, zusätzliche digitale Tools anbieten zu können, die den Erlebnischarakter und die Kommunikationsleistungen ergänzen und unterstützen.
Welche Vorkehrungen treffen Sie im Moment konkret für die IDS 2021?
Im Mittelpunkt einer Messe steht der persönliche Kontakt von Mensch zu Mensch. Um dieses Networking so sicher und so erfolgreich wie möglich zu machen, hat die Koelnmesse nach den Vorgaben der Coronaschutzverordnung des Landes Nordrhein-Westfalen und in enger Abstimmung mit den Behörden in Köln eine Reihe von Maßnahmen entwickelt, die lückenlos ineinandergreifen und das Miteinander auf der Messe regeln. Das Ziel des Konzeptes #B-SAFE4BUSINESS ist es, professionelle Sicherheit auf höchstem Niveau zu gewährleisten und eine Umgebung zu schaffen, in der Branchen und Business wieder wachsen können. Unter den vier Themenwelten SHOW SAFE, MEET SAFE, STAY SAFE und VISIT SAFE hat die Koelnmesse ihre Maßnahmen für die Gesundheit ihrer Aussteller und Besucher zusammengefasst. Sie regeln das sichere Miteinander auf der Messe und sorgen dafür, dass sich Aussteller und Besucher wieder entspannt begegnen können. So bietet die IDS genug Möglichkeiten und Raum, um sicher viele Teilnehmer auf den Flächen zu verteilen.
Ein weiterer Vorteil ist hierbei das digitale Informations- und Besucherleitsystem. Großzügiger geplante Stände gewährleisten die Einhaltung von Mindestabständen, sodass die Zahl der Besucher an einem Stand nicht reglementiert ist, solange der Mindestabstand von 1,5 Metern gewährleistet ist. Gleichzeitig werden mit geeigneten technischen Hilfsmitteln die Verteilung der Messeteilnehmer und damit die Besucherströme überwacht und gegebenenfalls gesteuert. Zum Sicherheitskonzept der kommenden IDS gehört auch, dass sich das Ticketsystem ausschließlich auf Online-Tickets beschränken wird, sowie eine Vollregistrierung aller Teilnehmer, um die Nachverfolgbarkeit der Besucher zu gewährleisten. Die Koelnmesse wird das Sicherheitskonzept regelmäßig überprüfen und den aktuellen Rahmenbedingungen anpassen.
Ich bin zuversichtlich, dass die IDS 2021 zum entscheidenden Kick-off für einen Neustart nach der Corona-Krise werden wird. Die internationale Branche blickt mit großen Erwartungen auf die IDS 2021, denn sie spielt eine maßgebliche Rolle bei einer erfolgreichen Krisenbewältigung, besonders im persönlichen Austausch von Strategien in den unterschiedlichen Märkten und Regionen. Nur im direkten Dialog aller Marktteilnehmer lassen sich eigene Bedarfe und Positionen prüfen und eine Neuorientierung auch im Sinne von Wertschöpfungsketten analysieren.
Wie sehen Sie die internationalen Entwicklungen in Bezug auf die IDS 2021?
Auch hier bin ich eher zuversichtlich. Ich habe den Eindruck gewonnen, dass viele Unternehmen auch aus Übersee geradezu darauf warten, wieder loslegen zu können. Wie überall im Geschäftsleben, so birgt auch in unserer Branche ein Stillstand die hohe Gefahr eines Rückgangs. Der internationale Wettbewerb geht ungeachtet der Krise weiter. Die Hände in den Schoß zu legen, abzuwarten bis es vielleicht besser wird, ist aus meiner Sicht keine Option. Wir wissen ja nicht, wann und ob wir zur gewohnten Normalität der Vor-Corona-Zeit zurückkehren können werden. Die Aussteller aus Übersee werden wie jeder andere auch ihre Investitionen in die IDS-Auftritte sorgfältig im Blick behalten und umsichtig ihre Ressourcen planen und für 2021 anpassen.
Es sind immerhin noch rund acht Monate bis zur 39. IDS 2021, in denen sich vieles noch ins Positive entwickeln kann. Letztendlich aber wird für die Besucherströme entscheidend sein, was die jeweiligen Regierungen ihren Bürgern an Reisemöglichkeiten gestatten und einräumen. Möglicherweise ist die Corona-Krise bis März 2021 noch nicht überwunden, aber sicherlich durch die Erfahrungen aller Parteien besser beherrschbar. Die Zukunft hat aber niemand von uns in der Hand.
Wie viele Unternehmen haben sich bis jetzt angemeldet?
Zum gegenwärtigen Zeitpunkt liegen bei der Koelnmesse mehr als 1.300 Anmeldungen vor. Das sind aus heutiger Sicht, acht Monate vor dem Ereignis, sehr gute Zahlen. Es sind Unternehmen, die sich ganz bewusst in schwieriger wirtschaftlicher Lage zur Teilnahme an der 39. IDS entschlossen haben. Antizyklisches Handeln ist in Krisenzeiten eines der Werkzeuge, um gegen den Wettbewerb anzukommen und Marktanteile neu zu verteilen. Wir dürfen das als ein Signal der Ermutigung, der Zuversicht und der Zukunftsorientierung werten. Diese zahlreichen Unternehmen sehen in der Krise die darin enthaltenen Chancen, sie stehen gegen Pessimismus und eindeutig für Optimismus. Jeder einzelne Aussteller hat sich sein Kosten-Nutzen-Verhältnis wie bei jeder Investition gut angeschaut und berechnet. Es gibt allerdings auch Unternehmen, die sich gegen eine Teilnahme entscheiden. Diese wichtige unternehmerische Entscheidung hat jedes Unternehmen selbst zu fällen – es muss aber jedem klar sein, dass der Markt sich immer wieder neu orientiert und verteilt. Wir können uns freuen, dass unsere IDS so hohes Vertrauen genießt und, dass die Weltleitmesse auch in Krisenzeiten ein sehr großes Potenzial für unsere dentale Sparte der Gesundheitsbranche bietet.
Erwarten Sie einen Rückgang in Bezug auf die Anzahl der Messebesucher aus dem In- und Ausland aufgrund von verschärften Hygienevorschriften und Angst vor möglichen Infektionen?
Ja, definitiv werden weniger Besucher kommen können, da es wahrscheinlich weiterhin Reiseeinschränkungen in verschiedenen Teilen der Welt geben wird. Es ist auch eine persönliche Entscheidung, wenn man auf der absolut sicheren Seite bleiben will. Aber ich denke nicht, dass sich Besucher von Hygiene- und Sicherheitsmaßnahmen abschrecken lassen – im Gegenteil, alle Maßnahmen sollen Ausstellern und Besuchern ein Höchstmaß an Sicherheit garantieren. Als Gesundheitsbranche sind wir als Hersteller und Anwender hohe Sicherheitsstandards in unserem Berufsalltag gewohnt.
Das Positive ist, dass wir Teil der Gesundheitswirtschaft sind. Medizintechnikhersteller und ihre Kunden aus Zahnarztpraxis und Dentallabor sind es gewohnt, die höchsten Standards bei der Produktion, der Verarbeitung sowie der Anwendung von Materialien und Produkten zu erfüllen. Weder für uns als Aussteller noch für unsere Besucher sind die Hygiene- und Sicherheitsbestimmungen im Umgang miteinander fremd – im Gegenteil, sie sind uns bestens bekannt. Die IDS 2021 wird anders sein, die Vorschriften der Gesundheitsbehörden werden etliches verändern, aber die Besucher werden keine Schwellenangst zu überwinden haben. Wir könnten sogar das Profil unserer Branche als Teil der Gesundheitswirtschaft schärfen, denn die Regeln, die in Praxis und Labor gelten, finden ihre Fortsetzung auf der Messe.
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