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Praxisnachfolger dringend gesucht

Viele Praxen finden keine Käufer, weil der passende Kontakt zu interessierten jungen Kolleginnen und Kollegen fehlt. (Foto: Kzenon)
Jan-Philipp Schmidt*

Jan-Philipp Schmidt*

Di. 10. August 2010

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BERLIN - Laut Analysen des Institutes der Deutschen Zahnärzte IDZ ist die Übernahme einer Zahnarztpraxis derzeit so günstig wie nie vorher. Doch warum sinken die Niederlassungszahlen dennoch seit 2007 stetig? Dringender Handlungsbedarf scheint gegeben.

Wer aktuell eine Praxis übernehmen möchte, hat gute Aussichten auf einen günstigen Kauf – laut IDZ-Analysen sind die durchschnittlichen Verkaufspreise von Zahnarztpraxen zwischen 2001 und 2006 bereits um 19 Prozent gefallen – vor allem der sogenannte Goodwill-Anteil, also der ideelle Wert der Praxis und des Patientenstamms, verfällt zusehends.

Durchschnittlich werden für Substanzwert und Goodwill insgesamt nur noch ca. 120.000 € bezahlt. Damit ist die Übernahme einer Zahnarztpraxis so günstig wie nie. Warum sinken die Niederlassungszahlen dennoch seit 2007 stetig? Das Vertragsarztrechtsänderungsgesetz (VÄndG), welches am 1. Januar 2007 in Kraft getreten ist, sorgt dafür, dass junge Kolleginnen und Kollegen nun lieber als angestellte Zahnmediziner arbeiten und immer weniger Übernehmer einem großen Angebot an Praxen entgegenstehen. Die nicht mehr vorhandenen Niederlassungsbeschränkungen tun ihr Übriges, sodass besonders in Ballungsgebieten selbst Praxen in guten Innenstadtlagen keine signifikanten Kaufpreise erzielen können.

Wer als Abgeber seinen verdienten Ruhestand mit dem Verkaufserlös seiner Praxis bestreiten möchte, hat heute bereits ein ernsthaftes Problem. Gerade Einzelpraxen sind für viele junge Kolleginnen und Kollegen nicht mehr attraktiv – zwischen 2001 und 2007 ist der Anteil der Existenzgründungen in Berufsausübungsgemeinschaften in den alten Bundesländern und Berlin von 20 auf 38 % gestiegen, in den neuen Bundesländern sogar von 9 auf 42 %. Der Trend geht klar hin zu Teamwork und Zusammenarbeit von unterschiedlich spezialisierten Zahnmedizinern. Hierbei tritt nun ein entscheidendes Problem auf: Selbst wenn ein Praxisabgeber allen Empfehlungen der Experten von apoBank und Co. gefolgt ist – also sein Praxisteam stetig fortgebildet hat, Modernisierungsinvestitionen getätigt wurden und auch Praxisumsatz und Patientenzahlen so hoch wie nur möglich gehalten wurden – steht dennoch häufig eine Praxis mit drei bis vier Behandlungszimmern zum Verkauf, die heute eben nicht ein Zahnmediziner übernehmen möchte, sondern die ein Team von zwei bis drei Behandlern anspricht. Diese Teams müssen sich natürlich erst einmal zusammenfinden – in den wenigsten Fällen hat jedoch eine Kollegin oder ein Kollege die Risikobereitschaft, eine Einzelpraxis zu übernehmen und dann sukzessive zur Praxisgemeinschaft auszubauen. Auch die klassischen Finanzierungsmöglichkeiten der Banken sind hierbei aufgrund der fehlenden Flexibilität nicht gerade hilfreich.

Dringender Handlungsbedarf ist also längst gegeben: Nicht jeder Praxisabgeber kann es sich leisten, seine Praxis bei mangelndem Interesse einfach zu schließen und damit über Jahrzehnte geschaffene Patientenbeziehungen und den entsprechenden ideellen Wert einfach abzuschreiben. Die Repräsentanten der Finanzdienstleistungsunternehmen und die Außendienstmitarbeiter des Dentalhandels versuchen natürlich alles, um dieser Entwicklung entgegenzuwirken. Umfangreiche Praxis-Check-ups werden angeboten, attraktive Exposés erstellt und Qualitätszertifikate vergeben, und dennoch finden viele Praxen keine Käufer, weil der passende Kontakt zu interessierten jungen Kolleginnen und Kollegen fehlt.

Noch vor wenigen Jahren fragten die meisten Zahnmediziner nach Abschluss der Assistenzzeit bei den Dentaldepots bzw. Bank- oder Finanzberatern, wo sie sich denn am besten niederlassen sollen und welche Praxis in der jeweiligen Region zum Verkauf steht – heute warten die als angestellte Zahnmediziner arbeitenden Kolleginnen und Kollegen darauf, dass ihnen die passende Praxis und Gelegenheit zur Niederlassung vor die Füße fällt bzw. auf einem silbernen Tablett präsentiert wird. Zurzeit gibt es jedoch niemanden, der sich gezielt und bundesweit darum kümmert, Behandlerteams mit sich ergänzendem Behandlungsspektrum zusammenzuführen und Praxen danach zu beleuchten, ob sie z.B. besonders für Praxisgemeinschaften geeignet sind. Der Strukturwandel der Zahnmedizin spiegelt sich in der Arbeitsweise der Praxisvermittler und -makler in vielen Fällen noch nicht wider – die Landeszahnärztekammern bemühen sich zwar mit online abrufbaren Praxenbörsen ein transparenteres Angebot zu schaffen, aber dennoch finden häufig Praxisabgeber und junge Kolleginnen und Kollegen nicht erfolgreich zusammen.

Der Bundesverband der zahnmedizinischen Alumni in Deutschland ist mit diesem Problem seit seiner Gründung regelmäßig konfrontiert und arbeitet im Dialog mit Dentaldepots und Finanzdienstleistern an einer systematischen Lösung. Große Hoffnungen setzen alle Beteiligten hierbei auf die enge Verknüpfung von Praxisbörsen mit den Online-Communities der jungen Zielgruppe: Die für Herbst dieses Jahres angekündigten und unter der Schirmherrschaft des BdZA geplanten ALUMNIGROUPS sollen entsprechende Funktionalitäten bereits berücksichtigen und ein erster Schritt in die richtige Richtung sein. Die junge Zahnmedizin in Deutschland ist jedoch auf die Unterstützung der Standespolitik in Kammern und KZVen angewiesen, um langfristig die geschaffenen Praxiswerte zu erhalten, erfolgreich an junge Kolleginnen und Kollegen – auch in Behandlerteams – zu übertragen und so die freiberufliche Berufsausübung in der Niederlassung zu sichern.

* Jan-Philipp Schmidt ist Vorsitzender des Bundesverbandes der zahnmedizinischen Alumni (BdZA)

 

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