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VDZI-Vorstand verabschiedet Stellungnahme zu iZ-MVZ

Das rasche Wachstum von iZ-MVZ führt richtigerweise zu Bedenken in Teilen der Politik. Bild: onephoto – stock.adobe.com
Verband Deutscher Zahntechniker-Innungen

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Mi. 24. April 2024

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Berlin – Im deutschen Gesundheitswesen konnte über viele Leistungsbereiche hinweg in den letzten Jahren anhand belastbarer Zahlen gezeigt werden, dass die Versorgungsform des Medizinischen Versorgungszentrums (MVZ) stetig zunimmt.

Zahlen der Kassenzahnärztlichen Bundesvereinigung (KZBV) weisen eindrucksvoll nach, dass der zahnmedizinische Bereich von diesem Wachstum besonders betroffen ist und dass gerade auch investorenbetriebene zahnmedizinische Versorgungszentren, sogenannte iZ-MVZ, überproportional zunehmen. Kürzlich hat das Bundesministerium für Gesundheit (BMG) einen Referentenentwurf für das Gesundheitsversorgungsstärkungsgesetz (GVSG) vorgelegt, in dem auch Regelungen zu MVZ getroffen werden. Im vorliegenden Entwurf zielt der Gesetzgeber darauf, die Kommunen besser in die Lage zu versetzen, eine starke lokale Versorgungsinfrastruktur aufzubauen, indem die Gründung kommunaler medizinischer Versorgungszentren erleichtert wird. Diese Zielstellung ist im Grundsatz positiv, jedoch greift der Gesetzgeber damit zu kurz. Im zahnmedizinischen Bereich werden diese Maßnahmen nicht ausreichen, absehbare Fehlentwicklungen durch Investorentätigkeiten, welche bereits jetzt freien Wettbewerb verzerren, zu verhindern bzw. diese auch nur einzuschränken. Dafür wären umfassendere Maßnahmen notwendig. Der VDZI sieht im Schwerpunkt insbesondere folgende Handlungsfelder:

1. Facharztgruppengleiche MVZ lösen keine Versorgungsprobleme

In der Versorgungspraxis der vergangenen Jahre hat sich mehr und mehr verdeutlicht, dass gerade facharztgruppengleiche MVZ („Mono-MVZ“) sich in städtischen Ballungsräumen ansiedeln. Dies ist insofern kontraproduktiv, als dass im städtischen Raum häufig ein ausreichendes Versorgungsangebot besteht. Die Ansiedlung in städtischen Ballungsräumen, erfahrungsgemäß insbesondere in Sozialräumen mit überdurchschnittlichen Einkommen, ist ein Hinweis auf eine Dominanz von Renditezielen, die den Grundsätzen einer bedarfsgerechten, bundesweit einheitlichen und solidarischen Versorgungsstruktur widerstrebt.

Der VDZI lehnt daher im zahnmedizinischen Bereich facharztgruppengleiche „Mono-MVZ“ ab und fordert den Gesetzgeber auf, entsprechende rechtliche Verschärfungen vorzunehmen.

2. Schärfung der Kriterien zum Betrieb eines „Praxislabors“ zur Herstellung von Zahnersatz

In einem gewerblichen Dental-Labor aus dem Handwerk braucht es einen Betriebsleiter mit Meister-Titel, um im Rahmen eines gefahrengeneigten Gesundheitshandwerks jederzeit überwachend und lenkend in den Herstellungsprozess eingreifen zu können. Der Meister als Betriebsleiter ist in einem handwerklichen Labor ein wesentliches Instrument für Qualitätssicherung und Patientenschutz.

Die ständige Rechtsprechung ermöglicht der Zahnärzteschaft jedoch, Zahnersatz im eigenen Praxislabor herzustellen. Für den einzelnen Zahnarzt als freien Heilberufler gelten dabei allerdings enge berufs- und gebührenrechtliche Grenzen.

Die Herstellung ist nur im Rahmen persönlicher Anleitung und für den eigenen Patienten möglich. Das Kriterium einer „angemessenen Entfernung“ des Zahnarztes setzt zudem voraus, dass der Zahnarzt die Möglichkeit der prozessorientierten Anleitung und Überwachung der Arbeit der Labormitarbeiter hat und jederzeit lenkend und korrigierend eingreifen können muss. Um die „angemessene Entfernung“ auch in der Alltagspraxis leben zu können, erfordert dies die unmittelbare Nähe, d. h. „fußläufig, in Rufweite und jederzeit interventionsfähig“ des Zahnarztes, um in kritischen Situationen sowohl und gerade in der Praxis als auch im Labor seinen Aufsichtspflichten jederzeit nachkommen zu können.

Bei einem iZ-MVZ mit angestellten Zahnärzten ist die Erfüllung der vorgenannten rechtlichen Voraussetzungen für den Betrieb eines „Praxislabors“ kaum erfüllbar. In arbeitsorganisatorischen Modellen mit Teilzeit sowie sehr weitgehenden Öffnungszeiten kann die ständige Interventionsfähigkeit für die Herstellung von Zahnersatz nicht umfassend gewährleistet sein. Darüber wachsen aus strukturell-räumlichen Zusammenhängen die Distanzen zwischen Behandlungsstuhl und „Praxislabor“ – wenn diese sich überhaupt in einem engen räumlichen Kontext befinden. Je größer das iZ-MVZ, desto größer vermutlich auch die Distanz. In der Konsequenz sind aus der Sicht des Zahntechniker-Handwerks die Voraussetzungen nicht mehr erfüllbar.

Der VDZI fordert den Gesetzgeber und die berufsständischen Körperschaften der Zahnärzteschaft auf, die entsprechenden berufsrechtlichen Grundlagen zu präzisieren und sicherzustellen. Andernfalls ist der Betrieb von Praxislaboren im Rahmen von iZ- MVZ zu untersagen.

3. Transparenz bei medizinischen Versorgungszentren erhöhen

Das rasche Wachstum von iZ-MVZ führt richtigerweise zu Bedenken in Teilen der Politik. Die Zahnmedizin ist zudem überproportional vom Wachstum von iMVZ betroffen. Dennoch bleiben die Trägerstrukturen von iZ-MVZ häufig für Politik und Gesellschaft unklar. Daher sind mehrere Maßnahmen aus Sicht des VDZI erforderlich:

  • Der Begriff „Investor“ ist vielschichtig. Auch die öffentlich-rechtliche Hand braucht mehr Transparenz über eine genaue Datengrundlage.
  • Für eine bundesweite Bedarfsplanung braucht es ein öffentlich einsehbares digitales Transparenz-Register, in dem medizinische Versorgungszentren aufgeführt sind. Dies würde auch eine bedarfsgerechte Steuerung von Versorgungsstrukturen befördern.
  • Medizinische Versorgungszentren sollten als Gesundheitseinrichtungen über sichtbare Beschilderung im physischen und digitalen Raum ausgewiesen sein. Die Beschilderung sollte Angaben über die Eigentümerstruktur umfassen.
  • Zahnärzte müssen weiterhin verpflichtet sein, Patienten über die Rahmenbedingungen einer Zahnersatzversorgung zu informieren. Es muss sichergestellt sein, dass angestellte Zahnärzte in ihren Therapieentscheidungen und Versorgungsvorschlägen frei und unabhängig sind und diese nur am Patientenwohl ausrichten.

Der VDZI fordert daher den Gesetzgeber auf, entsprechende Regeln und Strukturen für eine höhere Transparenz zu etablieren.

4. Zielgerichtetes Leistungs- und Ausgabenmonitoring etablieren

Je mehr finanzstarke Akteure in die Versorgungsstruktur kommen, desto mehr liegt auch der Verdacht nahe, dass die Versorgungsprozesse zunehmend renditeoptimiert werden. Dies könnte über unterschiedliche Wege geschehen, sei es bspw. über professionelle Controlling- Strukturen oder auch über die Steuerung in besonders hochwertige Versorgungsangebote. Solche Instrumente können in doppeltem Missverhältnis zur individuellen Heilberuflichkeit des behandelnden Zahnarztes sowie zur strukturellen Ausrichtung des Gesundheitswesens auf medizinisch indizierte Behandlungen in einem solidarisch finanzierten System stehen. Je stärker finanzielle Anreize die Versorgungsstrukturen prägen, desto höher ist die Wahrscheinlichkeit einer Über- oder Fehlversorgung der Patienten, welche in den Genuss einer Behandlung kommen. Möglicherweise droht gar eine Unterversorgung bei Patienten, die an den Versorgungsstrukturen gar nicht mehr partizipieren können.

Daher fordert der VDZI den Gesetzgeber und die Kostenträger auf, zielgerichtetes Leistungs- und Ausgabenmonitoring zu betreiben, um mögliche Fehlentwicklungen frühzeitig aufzudecken.

5. Beschränkung der Gründungsbefugnis für MVZ

Häufig können es gerade die von Krankenhäusern errichteten MVZ sein, welche von Investoren betrieben werden. Der Aufkauf eines kleinen Krankenhauses kann dabei als Vehikel zum Aufbau eines oder mehrerer MVZ dienen. Solch ein Einstieg in die bundesweite Versorgungsstruktur kann als „Einfallstor“ für Investoren verstanden werden. Notwendig erscheint daher eine räumliche Beschränkung der Gründungsbefugnis von MVZ durch Krankenhäuser. Die Gründungsbefugnis sollte auf einen bestimmten Radius um ein Krankenhaus herum sowie auf die einschlägigen Tätigkeitsbereiche des Krankenhauses begrenzt werden.

6. Stärkung der zahnärztlichen Leitung eines MVZ

Zweifelsfrei hat die zahnärztliche Leitung eines MVZ eine tragende Funktion für die interne Struktur und Prozesssteuerung, sowohl gegenüber angestellten, häufig jüngeren Zahnärzten, als auch gegenüber möglicherweise vorhandenen Controlling-Strukturen im Verwaltungsbereich. Die zahnärztliche Leitung als heilberufliches Korrektiv muss daher in besonderem Maße über Kündigungsschutz verfügen, um angestellten Zahnärzten als Beratungs- und Entscheidungsinstanz Unterstützung zu bieten. So wird angestellten Zahnärzten die freie Ausübung ihrer heilberuflichen Tätigkeit ermöglicht.

Quelle: Verband Deutscher Zahntechniker-Innungen

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