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BERLIN/LEIPZIG – Erstmals konnte eine Forschungsgruppe von der Berliner Charité nachweisen, dass bestimmte Bestandteile von Bakterien im entzündeten Gewebe schmerzlindernd wirken. Bislang war man davon ausgegangen, dass bakterielle Entzündungen generell Schmerz verstärken.
Wie die Forscher um Prof. Christoph Stein und Privatdozent Dr. Alexander Brack von der Klinik für Anästhesiologie und operative Intensivmedizin am Campus Benjamin Franklin in der aktuellen Ausgabe des Online-Journals PLoS Pathogens* berichten, wird die schmerzlindernde Wirkung durch die Ausschüttung sogenannter Formylpeptide möglich.
Bakterien stimulieren im entzündeten Gewebe die Einwanderung weißer Blutkörperchen. Zusammen mit Botenstoffen aus dem Blutkreislauf und aus Nervenfasern können diese bakteriellen Entzündungsschmerz verursachen. Untergruppen der weißen Blutkörperchen, unter anderem die sogenannten Neutrophilen, können jedoch auch schmerzlindernd wirken. Sie setzen Opioidpeptide frei, die sich an die sogenannten Opioidrezeptoren auf den schmerzleitenden Nervenfasern im entzündeten Gewebe binden und so den Entzündungsschmerz hemmen.
Die Wissenschaftler fanden in den über ca. 4 Jahre laufenden Forschungsarbeiten heraus, dass bei diesem Vorgang die Bakterien im Entzündungsherd ebenfalls eine entscheidende Rolle spielen. „Auch sie enthalten schmerzlindernde Bestandteile“, erklären die Forscher. Dies sind die sogenannten Formylpeptide, Bestandteile der Zellwand von Bakterien“, so Prof. Christoph Stein.
Der Effekt konnte sowohl in vitro als auch in vivo nachgewiesen werden: Erste Erfolge hatten die Forscher bereits in Tests mit Laborratten. Die Tiere litten unter einer bakteriellen Pfotenentzündung und hatten durch die Wirkung der freigesetzten Opioidpeptide weniger Schmerzen. Hingegen haben Ratten, bei denen Formyl- oder Opioidpeptide blockiert sind, stärkere Entzündungsschmerzen. „Es gibt also ein körpereigenes System, das entzündliche Schmerzen erträglich machen kann“, folgert Prof. Stein. „Wenn es uns gelingt, dieses System gezielt zu verstärken, werden entzündliche Erkrankungen in Zukunft schmerzfreier für die Patienten sein.“
Daran wird bereits gearbeitet: "Zukünftiges Forschungsziel ist, diese Mechanismen therapeutisch auszunutzen, indem man beispielsweise die Ausschüttung von Opioidpeptiden aus Entzündungszellen künstlich (durch exogene Stimulatoren) verstärkt oder den Abbau von Opioidpeptiden in entzündetem Gewebe verhindert“, so Prof. Dr. Stein in einem Gespräch mit Chefredakteurin Jeannette Enders. „Außerdem“, so Stein weiter, „liegen uns bereits auch tierexperimentelle Ergebnisse vor, die zeigen, dass Enzyminhibitoren, welche den Abbau von Opioidpeptiden verhindern, Entzündungsschmerz lindern können.“
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