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Bei Parodontose-Behandlung droht Gefahr fürs Herz

Eine Parodontose-Behandlung kann für Endokarditis-Risikopatienten hochgefährlich werden. © CLIPAREA.com - Fotolia.com
Ruhr-Universität Bochum - Herz- und Diabeteszentrum NRW Bad Oeynhausen

Ruhr-Universität Bochum - Herz- und Diabeteszentrum NRW Bad Oeynhausen

Mi. 19. September 2012

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BOCHUM - Sogenannte grampositive Bakterien aus den Zahnfleischtaschen können in Folge zahlreicher zahnärztlicher Eingriffe in die Blutbahn gelangen. Die Bakterien setzen sich dann bevorzugt an den Herzklappen fest und vermehren sich. Eine Endokarditis ist die Folge.

Eine Forschungsarbeit von Prof. Dr. Cornelia Piper, stellv. Direktorin
der Kardiologischen Klinik des Herz- und Diabeteszentrum NRW (HDZ NRW)
unter der Leitung von Prof. Dr. Dieter Horstkotte, hat auf dem
Europäischen Kardiologen-Kongress in München so große Beachtung
gefunden, dass sie von über 4.200 Beiträgen in die Vorstellung der 30
besten Studienpräsentationen aufgenommen worden ist. Wichtigste Aussage
der Untersuchung: Hochrisiko-Patienten sind vor zahnärztlicher
Behandlung nach wie vor gut beraten, wenn sie ihren kardiologischen
Untersuchungspass vorlegen. Die neuen Richtlinien der Deutschen
Kardiologischen Gesellschaft haben bisher nicht dazu beigetragen, die
Achtsamkeit der Zahnmediziner insbesondere gegenüber
Vorsorgemöglichkeiten zu einer lebensbedrohlichen entzündlichen
Herzerkrankung (Endokarditis) zu erhöhen.

Die Endokarditis ist eine Entzündung der Herzinnenhaut, welche die
Herzhöhlen und den herznahen Anteil der Arterien und Venen auskleidet
und auch die Herzklappen überzieht. Grundsätzlich kann jeder Mensch an
einer Endokarditis erkranken. Unbehandelt ist der Krankheitsverlauf
immer tödlich. In Westeuropa ist die Endokarditis bei herzgesunden
Menschen selten und durch Antibiotika behandelbar. Eine erhöhte Gefahr,
an einer Endokarditis zu erkranken, besteht jedoch bei Menschen mit
angeborenen oder erworbenen Herzfehlern, insbesondere nach
Herzklappenersatz.

„Eine Parodontose-Behandlung kann für diese Hochrisiko-Patienten
hochgefährlich werden“, erläutert Prof. Dr. Cornelia Piper, Kardiologin
und Wissenschaftlerin im Herz- und Diabeteszentrum NRW. „Sogenannte
grampositive Bakterien aus den Zahnfleischtaschen können im Gefolge
zahlreicher zahnärztlicher Eingriffe in die Blutbahn gelangen.
Die Bakterien setzen sich dann bevorzugt an den Herzklappen fest und
vermehren sich. Eine Endokarditis ist die Folge.“

Die Leitlinien der Deutschen Gesellschaft für Kardiologie empfehlen
Hochrisiko-Patienten, sich vor dem zahnärztlichen Eingriff einer
Antibiotika-Therapie zu unterziehen, der sogenannten
Endokarditis-Prophylaxe. „Eine Stunde vor der Parodontose-Behandlung
eingenommen, bewirkt das Antibiotikum, dass sich die Bakterien
allenfalls noch in geringen Mengen an den Herzklappen ansiedeln können.
Das Risiko einer Entzündung der Herzinnenhaut wird dadurch deutlich
gesenkt“, erläutert Prof. Piper. Vor 2007 sei diese
Antibiotika-Prophylaxe auch Patienten mit einem vergleichsweise geringen
Risiko empfohlen worden. In einer wissenschaftlichen Studie hat Piper
nun erstmals untersucht, ob die neue Leitlinie zu verstärkten
Prophylaxe-Maßnahmen geführt hat. Überraschendes Ergebnis: „Das Kind
wurde sozusagen mit dem Bade ausgeschüttet.“ Dass die Empfehlungen zu
Vorsorgemaßnahmen auf die Hochrisiko-Patienten eingeschränkt wurden, hat
dazu geführt, dass die Zahnärzte insgesamt weniger
Antibiotika-Therapien auch bei hochgefährdeten Patienten durchführen.

Bereits 2003 konnte Piper in einer Studie des Herz- und Diabeteszentrums
nachweisen, dass die Empfehlungen der Deutschen Kardiologischen
Gesellschaft bezogen auf zahnmedizinische Eingriffe bei der Umsetzung
Probleme bereiten. „Es hat sich gezeigt, dass der sicherste Weg für
unsere Patienten der sogenannte Patientenausweis darstellt, der mit den
entsprechenden Leitlinien versehen dem jeweils behandelnden Arzt
vorgelegt werden sollte“, so Piper. „Zur Diskussion steht auch die
Frage, ob nicht auch für Patienten mit einem sogenannten moderaten
Risiko zur Endokarditis eine Antibiotika-Prophylaxe empfehlenswert ist.
Hier fehlen aktuell noch belastbare Daten.“

Das Herz- und Diabeteszentrum Nordrhein-Westfalen (HDZ NRW), Bad
Oeynhausen, ist ein international führendes Zentrum zur Behandlung von
Herz-, Kreislauf- und Diabeteserkrankungen. Mit 38.000 Patienten pro
Jahr, davon 15.000 in stationärer Behandlung ist das HDZ NRW ein
führendes Spezialklinikum in Europa.

Die Kardiologische Klinik des HDZ NRW unter der Leitung von Prof. Dr.
med. Dieter Horstkotte ist spezialisiert auf die Behandlung der
Koronaren Herzkrankheit, Herzklappenfehler, Herzmuskelerkrankungen,
Herzrhythmusstörungen und entzündliche Herzerkrankungen. In der
Kardiologischen Klinik werden jährlich 10.000 Herzkatheteruntersuchungen
durchgeführt. Über 7.000 Patienten pro Jahr kommen zur ambulanten
Behandlung in die Klinik. Modernste diagnostische und bildgebende
Verfahren sowie alle modernen Kathetertechniken sichern die bestmögliche
und schonende medizinische Versorgung der Patienten. Die Klinik ist
Europäisches Exzellenz-Zentrum zur Bluthochdruckbehandlung, anerkanntes
Brustschmerzzentrum (CPU – Chest Pain Unit) sowie als überregionales
Zentrum zur Versorgung Erwachsener mit angeborenem Herzfehler (EMAH)
zertifiziert.

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