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„Blutverdünner“ unbedenklich bei mkg-chirurgischen Eingriffen

Trotz Blutverdünner: Zähne ziehen und Implantate setzen. © psdesign1 - Fotolia.com
DGMKG

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Do. 3. Juli 2014

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MAINZ – Immer mehr ältere Menschen nehmen Medikamente zur Hemmung der Blutgerinnung. Eine neue Studie hat jetzt untersucht, ob das bei mkg-chirurgischen Eingriffen tatsächlich notwendig ist oder erfahrene Chirurgen trotz Blutverdünner ohne größeres Risiko Zähne ziehen oder Implantate setzen können.

Gerinnungshemmende Medikamente beugen bei Krankheiten wie Herzrhythmusstörungen, Vorhoffflimmern, Thrombosen oder Embolien der Bildung von Blutgerinnseln vor oder lösen diese auf. Auch bei fortgeschrittener Arterienverkalkung (Arteriosklerose) werden sie verschrieben. Doch die medikamentöse Gerinnungshemmung durch ASS und Co. erhöht andererseits das Risiko der Blutungsgefahr. Aus Angst vor zur starken Blutungen oder Nachblutungen werden daher bei anstehenden Operationen Gerinnungshemmer entweder ganz abgesetzt oder für einen bestimmten Zeitraum eine überbrückende Therapie (Bridging) etwa mit Heparin-Spritzen verordnet. Eine neue Studie hat jetzt untersucht, ob das bei mkg-chirurgischen Eingriffen tatsächlich notwendig ist oder erfahrene Chirurgen trotz Blutverdünner ohne größeres Risiko Zähne ziehen oder Implantate setzen können. Die erstaunlichen Studienergebnisse wurden jetzt erstmals im Rahmen des 64. Jahreskongresses der Deutschen Gesellschaft für Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie (DGMKG) vom 11. bis 14. Juni 2014 in Mainz vorgestellt.

Bei den Medikamenten unterscheiden Experten die so genannten Antikoagulanzien (Vitamin-K-Antagonisten/Cumarine und Heparine), die mit unterschiedlichen Faktoren die Blutgerinnungsfähigkeit hemmen, und die Thrombozytenaggregationshemmer (Plättchenhemmer) wie Acetylalicylsäure (ASS) und Clopidogrel, die über einen Funktionshemmung der Blutplättchen wirken, so dass sich diese nicht verklumpen können. Je nach Krankheitsbild nehmen Patienten den für ihren Befund geeigneten Gerinnungshemmer, mitunter ist auch eine Kombination der unterschiedlichen Präparate notwendig. Die Studie der Universitätsmedizin Mainz hat umfassend mögliche Nachblutungskomplikationen bei Mund-Kiefer-Gesichts-Operationen mit den unterschiedlichsten Gerinnungshemmern analysiert und kommt zu dem Schluss, dass in den meisten Fällen das Absetzen der Gerinnungshemmer oder eine überbrückende Therapie gar nicht notwendig ist. Demnach könnten Patienten einfach wie gewohnt ihre Tabletten nehmen, ohne dass Arzt und Patient ein erhöhtes Risiko eingehen.

Die Untersuchung berücksichtigte insgesamt 844 Patienten, die an der Klinik und Poliklinik für Mund-Kiefer- und Gesichtschirurgie der Universität Mainz zwischen 2009 und 2013 unter Einnahme blutgerinnungshemmender Medikamente operiert wurden. Davon nahmen 493 Personen ASS, 216 Vitamin-K-Antagonisten, 25 Clopidogrel, 13 Heparine, 14 Aggrenox, 15 NOAK (neue orale Antikoagulanzien) und 58 Kombinationen unterschiedlicher Gerinnungshemmer, davon 44 ASS und Clopidogrel. Die Operationen unterteilten die Fachärzte für Mund-Kiefer-Gesichtschirurgie in kleinere (Ziehen von bis zu 3 Zähnen und Implantate) und größere Eingriffe (mehr als 3 Zähne, Zystenoperationen), Haut- und Gewebeeingriffe sowie größere mkg-chirurgische Eingriffe. In 60 % wurde die Medikation zur Operation nicht umgestellt, bei 21 % abgesetzt, bei 17 % komplett und bei 2 % partiell umgestellt.

Die Ergebnisse: Bei 9, 6 % aller Patienten kam es während des Eingriffs zu Blutungskomplikationen, die in erfahrener mkg-chirurgischer Hand jedoch unbedenklich waren. Erstaunlich: Die Patienten mit überbrückender Therapie neigten mit 11,6 % zu Komplikationen, die Patienten, die ihre gerinnungshemmenden Medikamente weiter einnahmen, lediglich mit 8 %. Bei der Analyse der Nachblutungskomplikationen war die Rate der „gebridgten“ Patienten ebenfalls erheblich höher.

Konkret: Bei kleineren Eingriffen 4, 3 versus 3,8 %, bei größeren Eingriffen 22,8 v. 13,2 %, bei Eingriffen an Haut und Gewebe 9, 7 v. 4,5 %. Lediglich bei großen mkg-chirurgischen Eingriffen näherte sich die Komplikationsrate an (8,6 v. 9,0 %).

Fazit der Mainzer MKG-Chirurgen: Wann das Absetzen der Gerinnungshemmer oder eine überbrückende Therapie tatsächlich notwendig ist, sollte zurückhaltend und individuell auf den Patienten und die Krankengeschichte abgestimmt entschieden werden. In den meisten Fällen ist dies jedoch heutzutage nicht mehr notwendig. Überdies fanden sie bei der Untersuchung heraus, dass die erst jüngst eingesetzten NOAKs in puncto Blutungskomplikationen keine Vorteile gegenüber den anderen Gerinnungshemmern zeigten.

Weitere Informationen zur modernen MKG-Chirurgie: www.patienteninfo-mkg.de

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