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„Ganz wichtig wäre die Ausstattung der Zahnarztpraxen selbst!“

Bei Spiel- oder Sportunfällen können ausgeschlagene Zähne gerettet und replantiert werden(Foto: Hager&Werken).
Jeannette Enders, DTI

Jeannette Enders, DTI

Do. 3. September 2009

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DUISBURG/LEIPZIG – Circa jeder dritte Deutsche erleidet einmal in seinem Leben einen Zahnunfall. Gerade bei Kindern und Jugendlichen sind Zahnunfälle nicht selten.

Wie schnell ist es bei Spiel und Sport geschehen, dass sich Kinder einen Zahn teilweise oder ganz bei einem Unfall ausschlagen. Doch ausgeschlagene Zähne können, wenn schnell und richtig reagiert
wird, gerettet und replantiert werden – mit der SOS Zahnbox von Hager & Werken.

Dental Tribune sprach mit Andreas Huber, Geschäftsführer des Unternehmens Hager & Werken, über die Zahnrettungsbox und das Zahnrettungskonzept.

Jeannette Enders: Herr Huber: Wofür steht der Produktname „SOS Zahnbox“? 
Andreas Huber: Das Wort „SOS“ soll verdeutlichen, dass es um einen Notfall, einen Unfall geht; „Zahnbox“ macht klar, dass es sich um das Thema „Zahnunfall – Zahnrettung“ dreht. Nur Fachleute wissen, dass ein  ausgeschlagener Zahn replantiert werden kann, wenn der Zahnarzt unmittelbar nach dem Unfall die Behandlung beginnen kann. „Unmittelbar“ bedeutet hier ca. 20 Minuten. Kommt ein solcher Zahn aber binnen 20 Minuten in die SOS Zahnbox, dann kann die Behandlung auch innerhalb von 48 Stunden erfolgen – ein gewaltiger Fortschritt.

Wie kamen Sie auf die Idee der SOS Zahnbox? Und seit wann ist die Box auf dem Markt erhältlich?
Die Idee als solche kommt weder von uns noch ist sie neu. Es gibt in den USA und auch in Deutschland schon seit Jahren eine Zahnrettungsbox, die bislang viel zu wenig bekannt war. Entscheidend für unser Engagement war die Initiative von Jörg Knieper von Zahnexperten24. Seine Idee war es, dass Zahnrettung nur funktionieren kann, wenn die Zahnbox bundesweit in Schulen, Kindergärten, Schwimmbädern,  Rettungswagen und ähnlichen Einrichtungen verfügbar ist.

Wieso dort? Ist die SOS Zahnbox nicht ein Produkt, das der Verbraucher in Zahnarztpraxen und Apotheken nachfragen wird, wo es mit entsprechender Aufklärung abgegeben werden kann?
Die SOS Zahnbox gehört zwar ganz sicher AUCH in jede Zahnarztpraxis und Apotheke – aber vor allem muss sie an den potenziellen Unfallorten vorhanden sein, wo die meisten Zahnunfälle geschehen. Denn – wie gesagt – binnen 20 Minuten muss der ausgeschlagene Zahn in die SOS Zahnbox – sonst ist es zu spät. Es ist unrealistisch zu glauben, in so kurzer Zeit könnte eine solche Box in einer Praxis oder Apotheke besorgt werden.

Worin genau bestehen die Vorteile der SOS Zahnbox, und wer profitiert von der Kampagne,
die Sie unterstützen?
Ganz klar, Vorteile haben zunächst die Unfallopfer, meistens Kinder. Ihnen werden langwierige Behandlungen, teilweise über Jahre und Jahrzehnte hinweg, erspart. Vor allem sparen Opfer UND Kostenträger viel Geld, denn jeder Zahnunfall löst mehrere Tausend Euro an Folgekosten aus.
Der volkswirtschaftliche Schaden wird in Deutschland pro Jahr auf ca. 400 Millionen Euro geschätzt. Deshalb wird die Initiative auch von einigen Versicherungen, wie z. B. der AXA, unterstützt.
Vorbild ist hier die Unfallkasse Hessen, die alle unfallträchtigen Einrichtungen in diesem Bundesland mit einer SOS Zahnbox ausgestattet hat und hochzufrieden feststellt, dass sie damit wirklich signifikant
Kosten einsparen kann.

Wo ist die SOS Zahnbox erhältlich?
Der Zahnarzt bestellt sie mit dem Praxisbedarf bei seinem Dentalfachhändler. Der Endverbraucher
kann sie in der Zahnarztpraxis erwerben, sofern diese solche Produkte selbst vertreibt.
Ansonsten in der Apotheke. Es gibt auch immer mehr Anfragen von Zahnärzten und Zahntechnikern
auf www.zahnexperten24. de, die ihre Stadt oder ihren Landkreis mit SOS Zahnboxen ausstatten
wollen aus Image- und Werbegründen oder einfach nur, um eine gute Tat zu tun. Andreas Huber, Geschäftsführer Hager&Werken

Statistiken zufolge erleidet in Europa jedes dritte Kind vor dem 16. Lebensjahr ein Zahntrauma.
Warum ist Ihrer Meinung nach das öffentliche Interesse an dem wichtigen zur Prophylaxe gehörenden Thema „Mundschutz und Zahnrettung“ kaum vorhanden?

Das Interesse ist gering, weil es an Wissen fehlt. Wer weiß denn schon, dass ein ausgeschlagener
Zahn gerettet werden kann? Ich behaupte: Eigentlich nur Fachleute oder Menschen, die das nach einem Zahnunfall von ihrem Zahnarzt erfahren haben. So war es auch bei mir nach einem Fahrradunfall vor vielen Jahren. Und wer weiß darüber hinaus, dass es eine solche „Zahnerhaltungsflüssigkeit“
gibt? So gut wie niemand! Das gilt auch für Kranken- und Unfallversicherungen. Da es in Deutschland
bisher kaum wirklich fundierte Zahlen zu Zahnunfällen gibt, herrscht auch da ein Informationsdefizit.
Es ist bei uns der Verdienst von Professor Filippi, Dr. Pohl und Jörg Knieper, dass Zahnunfälle und ihre Folgen jetzt intensiver thematisiert werden.

Sollte der Besitz einer SOS Zahnbox nicht zur Pflicht für sämtliche zahnunfallträchtigen Einrichtungen gemacht werden?
Wenn ich „König von Deutschland“ wäre, gäbe es eine solche Verordnung. Doch so einfach ist das leider nicht, auch wenn die Fakten eine klare Sprache sprechen! Aber viele Kostenträger zögern noch, weil ihnen die Statistiken noch nicht ausreichen. Doch ich glaube, es ist wie beim Domino-Spiel: Wenn ein Stein nach dem anderen fällt, ist die Entwicklung kaum mehr aufzuhalten. Und die ersten Steine sind gefallen …

Wie wird die Zahnrettungskampagne fortgesetzt? Welche Pläne stehen an?
Die Ausstattung aller zahnunfallträchtigen Orte, wie Schwimmbäder und Schulen, bleibt das erste Ziel der Kampagne. Der nächste konkrete Schritt ist die Einführung der bundesweiten Zahnunfall-Notrufnummer, die gerade eingerichtet wurde. Unter 0 18 05/ 01 28 00 bekommt man Auskunft
zum Thema Zahnunfall, vor allem zur Frage: „Es hat einen Zahnunfall gegeben. Wer hilft schnell?“ Hier sollen dann u. a. Zahnarztpraxen und Apotheken in der Nähe genannt werden. Unser Haus wird versuchen, diese Nummer bei allen denkbaren Veranstaltungen, wie den Fachdentalausstellungen, bekannt zu machen, und wir sind für jede Unterstützung dankbar. Nochmals: Letztlich geht es darum,
Zähne zu retten und teure Behandlungen zu vermeiden. Daher auch die große Unterstützung aus den Reihen der Zahnarztverbände und Zahnarztpraxen.

Soll die Umsetzung des Zahnrettungskonzeptes auch auf andere Einrichtungen erweitert werden?
Es ist ermutigend, wie schnell von verschiedenen Seiten Unterstützung für dieses Thema
kommt. Ganz wichtig wäre die Ausstattung der Zahnarztpraxen selbst, die die SOS Zahnbox ja
auch brauchen, allein um einen verunfallten Zahn bis zur Replantation sicher zwischenzulagern.
Dann geht es um die Ausstattung von Krankenwagen und Feuerwehren. Hier unterstützt
die Firma Söhngen, ein führender deutscher Anbieter in diesem Bereich, die Kampagne. Außerdem
fehlt noch die Ausstattung von Sportvereinen, in denen „zahnunfallträchtige Sportarten“
betrieben werden, wie Hockey, Eishockey, Handball, Kampfsportarten etc. In diesem Bereich
geht es um das Thema „Professioneller Zahnschutz und Zahnrettung“. Ich finde es sehr bemerkenswert, dass sich Erhard Wunderlich, Deutschlands „Handballer des Jahrhunderts“, ohne jedes Eigeninteresse für diese Kampagne stark macht.

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