STUTTGART – Das Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg befasste sich in einem einstweiligen Rechtsschutzverfahren (Az. 11 SaGa 1/21) mit der Frage, ob der Arbeitsplatz für eine Oralchirurgin wegen unverantwortbarer Gefährdungen mit einem Beschäftigungsverbot auch noch während der Stillzeit versehen werden muss.
Der Sachverhalt
Eine als Oralchirurgin angestellte Arbeitnehmerin wurde im Sommer 2020 schwanger. Ihr Arbeitgeber, der spätere Beklagte, sprach ihr für die Zeit der Schwangerschaft ein betriebliches Beschäftigungsverbot aus.
Am 12. März 2021 brachte die Oralchirurgin ihr Kind zur Welt und befand sich bis einschließlich 20. Mai 2021 im Mutterschutz. Dann nahm sie bis einschließlich 22. Juni 2021 Resturlaub aus dem Jahr 2020. Danach wurde sie seitens ihres Arbeitgebers aufgefordert, ihre Tätigkeit am 23. Juni 2021 wieder aufzunehmen. Dies entsprach indes nicht dem Willen der Oralchirurgin, worauf es zwischen den Parteien zum Streit kam, ob ein weiteres Beschäftigungsverbot wegen unverantwortbarer Gefährdungen aufgrund Stillen des Kindes vorliege.
Die Oralchirurgin stellte daraufhin einen Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz mit dem Inhalt, mindestens vorläufig eine Beschäftigungsverbot auszusprechen. Der Arbeitgeber berief sich auf Hinweise und Empfehlungen zum Schutz stillender Frauen des Ad-hoc-Arbeitskreises Stillschutz, wonach die Wiederaufnahme der Arbeit möglich sei.
Der Gefahrenvortrag der Oralchirurgin
Die Oralchirurgin sah die Empfehlungen des Arbeitskreises als unzureichend an und zählte eine Vielzahl von Tätigkeiten auf, die eine unverantwortbare Gefährdung für sie darstellen würde. Unter anderem gehörten dazu Handlungen, bei denen sie mit Amalgam/Quecksilber in Berührung kommen kann sowie sonstige Behandlungen in einem Raum, in dem zuvor mit diesen Stoffen gearbeitet wurde und der vorher nicht mindestens 10 Minuten gründlich gelüftet wurde. Außerdem führte sie die Gefahr bei Tätigkeiten an, bei denen die Oralchirurgin mit Biostoffen der Gruppen 1, 2 oder 3 derart in Berührung kommen kann, dass eine Übertragung nicht ausgeschlossen ist. Dies seien insbesondere Hepatitis-C-Viren, HI-Viren und Corona-Viren (SARS-CoV-2). So habe sie sich insoweit in der Vergangenheit auch an Instrumenten im Rahmen der Arbeit verletzt. Zudem bestehe die Gefahr, dass sie anderweitig mit Blut oder Speichel des Patienten in Berührung komme, beispielsweise durch das Spritzen entsprechender Körperflüssigkeiten des Patienten ins Auge der Oralchirurgin. Auch dies sei schon vorgekommen. Die Aufzählung der Tätigkeiten ging dabei derart weit, dass schon die Durchführung von Besprechungen mit Patienten zur beabsichtigten Behandlung zu unverantwortbaren Gefahren führe.
Die Entscheidung
Das LAG wies den Antrag der Oralchirurgin zurück und bestätigte die Entscheidung des Arbeitsgerichts, wonach der Antrag der Oralchirurgin im Zuge einer vorläufigen (summarischen) Prüfung überwiegend unbegründet sei. Einzig die Arbeit mit Amalgam/Quecksilber sei zu unterlassen, wie auch schon das Arbeitsgericht zutreffend festgestellt hatte.
Die Gründe
Ob die angegebenen Tätigkeiten der Oralchirurgin eine unverantwortbare Gefährdung darstellen und die Annahmen des Ad-hoc-Arbeitskreises Stillschutz demnach fehlerhaft sind, konnte nicht endgültig festgestellt werden, da aufgrund des Eilverfahrens kein Gutachten dazu eingeholt werden konnte. Dies hat indes die Oralchirurgin zu verantworten, die kein Hauptsacheverfahren zur Klärung dieser Fragen angestrengt hatte. Allerdings wurden vom Arbeitsgericht sowohl die Räumlichkeiten der Praxis als auch die konkreten Tätigkeiten ins Auge genommen, worauf sich beide Instanzen auch ausdrücklich in ihren Entscheidungen bezogen.
Überdies sei zu berücksichtigen, dass die Empfehlungen des Ad-hoc-Arbeitskreises Stillschutz nicht nur von den Vertretern der Länder erarbeitet worden sind, sondern auch in Zusammenarbeit mit unter anderem dem Robert-Koch-Institut, dem Bundesinstitut für Risikobewertung und der Nationalen Stillkommission. Daher sei davon auszugehen, dass diese Empfehlungen dem aktuellen wissenschaftlichen Stand entsprechen und anzuwenden seien. Diese Grundlage vermochte die Oralchirurgin mit ihren Darlegungen nicht zu entkräften.
Im Ergebnis sprach das LAG im Rahmen des einstweiligen Rechtsschutzverfahrens nur ein Beschäftigungsverbot für die Arbeit mit Amalgam aus, oralchirurgische und zahnärztliche Tätigkeiten an sich jedoch nicht.
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