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Plasmajet in der Zahnheilkunde

Im Bild die am IOM Leipzig entwickelte miniaturisierte Plasmaquelle mit gezündetem Plasmajet. (Foto: IOM)
Jeannette Enders, Oemus Media

Jeannette Enders, Oemus Media

Fr. 5. März 2010

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LEIPZIG/HOMBURG – Der Einsatz von kaltem Plasma in der Zahnmedizin könnte künftig antiinfektiöse Maßnahmen in der Zahnmedizin unterstützen. Das interdisziplinäre Wissenschaftsteam um Dr. Axel Schindler vom Leibniz-Institut für Oberflächenmodifizierung e.V.Leipzig (IOM) in Leipzig und Dr. Stefan Rupf von der Universitätsklinik des Saarlandes in Homburg untersuchte in Experimenten die Wirksamkeit von atmosphärischem Plasma für die Behandlung von Zahnsubstanz und infiziertem oralen Gewebe.

„Kalte Plasmajets sind ionisierte lokale Gasströmungen, die unter Normaldruck mittels Mikrowelle in Plasmajetquellen unter Verwendung von Edelgasen erzeugt werden“, erläutern die Wissenschaftler. „Durch Beimischung chemisch aktiver Gase werden reaktive Sauerstoffspezies erzeugt, die in der Lage sind, mit Oberflächen zu reagieren und diese zu verändern“, erklärt Schindler vom Leipziger Leibniz-Institut für Oberflächentechnologie im Gespräch mit Dental Tribune.

Plasmastrahlen werden seit wenigen Jahren als vielfältig nutzbare Technologie in der Industrie zur Bearbeitung von Oberflächen eingesetzt. „Mit der neuen Variante des kalten Plasmajets als feiner Strahl kann eine Zahnoberfläche desinfiziert werden, ohne diese zu beschädigen“, so Zahnmediziner Rupf. Dennoch werde die Zahnoberfläche durchlässig, etwa für Medikamente.„Damit könnte die Behandlung
unter anderem von Karies erheblich verbessert werden. Bislang wird die zerstörte Zahnsubstanz mechanisch entfernt.Mithilfe des neuen Verfahrens kann eine wesentlich schonendere Behandlung im Vorfeld der Zerstörung der Zahnsubstanz erfolgen und die heutige mechanische Dentinentfernung reduzieren“, so die Vision.

Die Privatdozenten Dr. Stefan Rupf und Dr. Axel Schindler zählten 2006 zu den Gewinnern des BMBF-
Innovationswettbewerbs zur Förderung der Medizintechnik. Sie erhielten den Preis für die Entwicklung der Plasmajettechnologie. „Dieser Preis und die damit verbundenen Fördermittel des BMBF für drei Jahre ermöglichten 2007 den Beginn intensiver Forschungsarbeit, die jetzt erste Erfolge zeigt“, so Dr. Rupf gegenüber Dental Tribune. Über die Ergebnisse berichtet das Wissenschaftsteam in
der Februar-Ausgabe des Fachmagazins Journal ofMedical Microbiology.

Jeannette Enders: Wie kamen Sie auf die Idee, die Technologie mit Plasmajets für die Zahnmedizin zu nutzen?
Dr. Rupf: Plasmajets werden in der Technik vor allem zur Bearbeitung von Oberflächen eingesetzt, zum Beispiel um in naher Zukunft optische Hochleistungslinsen herzustellen. Nachdem die langjährigen Entwicklungsarbeiten im Institut für Oberflächenmodifizierung in Leipzig zu einer miniaturisierten Plasmajetquelle mit Temperaturen des Plasmastrahls im Bereich der Körpertemperatur geführt hatten, hatte Dr. Schindler die Idee, den Plasmajet auch für die Zahnheilkunde zu verwenden. Kalte Plasmen verursachen Oberflächentemperaturen am Auftreffpunkt des Plasmajets von weniger als 40 °C. Mithilfe kalter atmosphärischer Plasmajets sind Reinigung und Hydrophilisierung von Oberflächen bei biologisch akzeptablen Temperaturen möglich. Es war Mitte 2006, als Herr Schindler in die Zahnklinik der Universität Leipzig kam und nach einer gemeinsamen Forschungszusammenarbeit anfragte.

Könnten Sie uns die durchgeführte Studie genauer erklären?
Rupf: Wir überprüften die Wirksamkeit des Plasmas bei oralen Pathogen, wie Streptococcus mutans und Lactobacillus casei. In unserer Studie infizierten wir Dentin von extrahierten menschlichen Molaren mit vier Bakterienstämmen und setzten diese für 6, 12 oder 18 Sekunden dem Plasma aus. Je länger das Dentin mit Plasma bestrahlt wurde, desto größer war die Reduktion der Zahl der Bakterien.

Wie muss man sich eine Zahnbehandlung mit dem Plasmajet vorstellen und welche Einsatzmöglichkeiten bietet das Verfahren?
Schindler: Der Plasmajet sollte in ein Handstück integriert werden. Da es sich um ein bereits stark miniaturisiertes Gerät handelt, ist dies technisch kein Problem.

Rupf: Der Zahnarzt führt den Plasmajet kontinuierlich über die zu behandelnde Region.Der Plasmajet
ist sehr flexibel und lokal wirksam. Zahnschmelz, Dentin oder Wurzelzement kann schonend behandelt
werden. Das Verfahren verspricht Therapieansätze, die sich nicht nur für die Zahnheilkunde, sondern zukünftig auch in der Chirurgie und Dermatologie bewähren könnten.

Wann wird das Plasmajetverfahren an Patienten getestet und wie lange, schätzen Sie, braucht es bis zur Marktreife?
Schindler:Wir werden das Plasmajetverfahren noch in diesem Jahr an Patienten testen. Bis zur Marktreife werden wir etwa noch drei Jahre benötigen.

Vielen Dank für das Gespräch!

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