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Der Weg von analoger zu digitaler Zahnheilkunde

Von ihrer Kopenhagener Firmenzentrale aus steuern Tais Clausen (2.v.l.) und Nikolaj Deichmann (rechts) ihre internationalen Geschäfte. (Bild: 3Shape)
Bernhard Moldenhauer & Matthias Diessner, DTI

Bernhard Moldenhauer & Matthias Diessner, DTI

Do. 19. Mai 2011

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KOPENHAGEN – Anlässlich der Dentalmesse SCANDEFA besuchte Dental Tribune den Unternehmenssitz von 3Shape im Herzen von Kopenhagen, um mehr über die neuen Produkte und Zukunftsstrategien des weltweit operierenden Unternehmens zu erfahren.

In dem historischen Gebäude, das sich direkt am Kongens Nytorv-Platz befindet, bilden offene und lichtdurchflutete Räume die perfekte Umgebung für das junge, ambitionierte Team, das mit Leidenschaft an der Entwicklung von Technologie-Lösungen für den Bereich 3D-Scanning und CAD/CAM arbeitet. 3Shape wurde schon oft als „Google der Dentalindustrie” bezeichnet, und dieser Vergleich trifft durchaus zu. Vor elf Jahren wurde die Firma von Tais Clausen und Nikolaj Deichmann, zwei ehrgeizigen, jungen Studenten der Technischen Universität Kopenhagen und der Copenhagen Business School, gegründet. Zu dieser Zeit stand Tais kurz vor dem Abschluss seiner Diplomarbeit, die sich mit einer neuen, bahnbrechenden 3D-Scanning-Technologie beschäftigte. Zeitgleich beendete Nikolaj sein Studium mit dem Master of Finance and Economics. Beide hatten die Idee, gemeinsam am Venture Cup, dem prestigeträchtigen Business-Plan-Wettbewerb von McKinsey, teilzunehmen und belegten dort den 2.Platz. Während des Wettbewerbs stellten sie sich fortwährend die Frage, wie man Tais Clausens neu entwickelte Technologie auf den kommerziellen Markt bringen könnte. So entstand die Idee, 3Shape zu gründen.

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Zunächst traten Deichmann und Clausen an Hörgerätehersteller mit dem Vorschlag heran, für diese ein System der Qualitätskontrolle von Hörgeräteschalen und Formpassstücken zu entwickeln. Ähnlich wie bei einer Zahnrestauration müssen die Schalen genau an den Gehörgang des Patienten angepasst werden. Traditionell wird hierbei ein Abdruck des Gehörganges entnommen, der dann per Hand geformt und geschnitten wird, um die Geräteschale herzustellen – ein zeitaufwendiger, manueller Prozess.

„Während der ersten Gespräche stellten wir fest, dass wir tatsächlich ein System zur industriellen Fertigung der Hörgeräteschalen schaffen konnten. Anstatt also nur die Endqualität durch Scanner zu prüfen, entschieden wir uns, den gesamten Workflow zu digitalisieren, von einem manuellen Prozess, der mehrere Stunden benötigte, zu einem komplett digitalen Arbeitsablauf“, berichtet Deichmann im Gespräch mit Dental Tribune.

Für die Umsetzung konzipierte 3Shape einen 3D-Scanner für die Abdrucknahme, eine Management- Software, eine CAD-Software, welche für die Simulation der exakten Positionierung der einzelnen elektronischen Komponenten in der Geräteschale nötig ist, sowie eine CAM-Software für die Produktion der Schalen. Sie entwickelten das System für einen bestimmten Hersteller, aber behielten sich das Recht vor, die Technologie auch an andere zu vermarkten. Zu dieser Zeit gab es nur sechs Hersteller, die den globalen Hörgerätemarkt kontrollierten, und alle stellten innerhalb von drei Jahren von einem vollständig manuellen auf einen vollständig digitalen Produktionsprozess um. Heute werden etwa 90 Prozent aller Hörgeräte mit Hilfe der 3Shape-Technologie produziert.

Weitere Industriezweige

Clausen und Deichmann waren sich des enormen Potentials der 3D-Scannertechnologie bewusst und warfen den Blick bald auf andere Industriezweige, z.B. Dentallabors, in denen ähnliche Produktionsprozesse wie in der Hörgeräteindustrie zu finden waren. Im Jahr 2004 erhielt 3Shape immer häufiger Anfragen von Dentalunternehmen, die sich an der Technologie interessiert zeigten.

„Wir wussten, dass eine Wiederholung des Erfolgs in der Hörgeräteindustrie nur möglich wäre, wenn wir eine sehr anwenderfreundliche Gesamtlösung entwickeln würden, die von den Dentallaboren einfach zu übernehmen wäre. Also gingen wir in viele Labore, kleine und große, und versuchten herauszufinden, wie wir den Produktionsprozess insgesamt optimieren können, anstatt nur nach einem besseren Weg zu suchen, Zirkonium-Prothetik zu realisieren. Von Anfang an war unsere Vision die einer kompletten Umstellung von analog zu digital“, sagt Deichmann.

3Shape stellte seinen ersten 3D-Dentalscanner und eine CAD/CAM-Software für virtuelle Restaurationsgestaltung auf der IDS 2005 vor. Wie erwartet wurde das System in kurzer Zeit zu einem Verkaufsschlager. In den folgenden Jahren erweiterte und verbesserte die Firma ihr Leistungsprogramm im Bereich Dentallabore kontinuierlich. 3Shape hörte genau auf die Bedürfnisse der Kunden und bezog sie von Anfang an in den Entwicklungsprozess neuer Produkte ein.

„Die vielleicht wichtigste Lektion, die wir gelernt haben, ist die, dass erfolgreiche Innovation nur dann erfolgreich ist, wenn der Anwender den effektiven Nutzen in seiner täglichen Arbeit spürt“, betont Clausen, inzwischen Chief Technology Officer bei 3Shape und Schrittmacher des Entwicklerteams.

Heute hat die CAD/CAM-Technologie aufgrund der Kosten-und Zeitersparnis die Dentallabore und Praxen erobert und ermöglicht den Patienten durch standardisierte und kontrollierte Behandlungs- bzw. Fertigungsabläufe beste prothetische Ergebnisse. In Deutschland werden heute etwa 82 Prozent der vollkeramischen Restaurationen computergestützt hergestellt. „Die Frage ist heute nicht mehr, ob CAD/CAM in der Dentalindustrie bestehen wird, sondern eher ab wann alle die Vorteile der Technologie nutzen werden“, so Clausen.

Nachdem auch der Labormarkt erobert war, plante 3Shape, diesen Erfolg auch auf die Zahnarztpraxen auszuweiten. „Wir führten eine gründliche Analyse der damals auf dem Markt erhältlichen Intraoralscanner-Systeme durch und definierten für uns ihre jeweiligen Vorteile und Nachteile. Wir wollten eine Lösung gestalten, die all die Vorzüge der existierenden Geräte vereint und die Mankos eliminiert. Unsere Lösung sollte schneller, anwenderfreundlicher, akkurater und zuverlässiger sein“, sagt Deichmann.

Am Eröffnungstag der IDS 2011 in Köln war es dann soweit. 3Shape stellte der Öffentlichkeit die TRIOS-Dentallösung zum Erstellen intraoraler Abdrücke vor. Der großzügig dimensionierte Stand der Firma wurde durch die Messebesucher regelrecht geflutet, um die nächste Generation der digitalen Abdrucktechnologie in Augenschein zu nehmen.

Eine der markantesten Eigenschaften von TRIOS ist, dass Zahnärzte die Zähne des Patienten nicht mehr einsprühen müssen. Dies macht das Scannen einfacher, schneller, präziser und für den Patienten angenehmer. Darüber hinaus scannt das Gerät alle Materialien, wie z.B. Metalle, halbtransparente Oberflächen oder auch Haut. Für die Bedienung ist nur eine kurze Einweisung nötig. Der Scanner nimmt über 3000 2D-Bilder pro Sekunde auf und ist damit etwa 100 Mal schneller als eine herkömmliche Videokamera. Auf dem großen Bildschirm des Wagens wird die 3D-Darstellung des Abdrucks während des Scannens in Echtzeit angezeigt. Eine offene Kommunikationsplattform ermöglicht es dem Zahnarzt, die Daten über das Internet direkt an das Labor seiner Wahl zu senden, wo der Zahntechniker unmittelbar mit der Arbeit an der Restauration beginnen kann. Die TRIOS-Kommunikationssoftware enthält auch ein Programm, mit dessen Hilfe verschiedene Restaurationslösung so visualisiert werden können, dass der Patient einen Eindruck vom Endergebnis erhalten kann, noch während er im Behandlungsstuhl sitzt – eine wichtige Entscheidungshilfe insbesondere im Front- und Seitenzahnbereich.

3Shape setzt bei seiner Lösung zum Erstellen digitaler Abdrücke auf die einfache und effiziente Kooperation von Zahnärzten und Labor. Den Zahnärzten steht eine große Palette an Anwendungen zur Verfügung, während sie profitabel arbeiten können und mehr Zeit für die Behandlung von Patienten haben. Die Liste der Vorteile eines digitalen Arbeitsablaufes ist lang. Digitale Daten sind kontrollierbar, präzise, jederzeit verfügbar und benötigen nur minimalen Platz zur Aufbewahrung.

Erstaunlicherweise ist 3Shape eines der wenigen Dentalunternehmen, die keine Ausschließlichkeitsbindung ihrer Produkte anstreben, sondern diese als Plug and play-Lösungen konzipieren, die offene Schnittstellen zu allen anderen Anwendungen aufweisen.

Unternehmen des Jahres

3Shape wurde in Dänemark von der Unternehmensberatung Ernst & Young bereits dreimal als Unternehmen des Jahres in der Kategorie Innovation ausgezeichnet. Dieser renommierte Preis würdigt Unternehmen, die sich besonders durch innovative Entwicklungen, Produkte auf dem neuesten Stand der Technik, Marktführerschaft, internationale Zusammenarbeit und eine klare Wachstumsstrategie auszeichnen. Heute zählt das 3Shape Entwicklerteam über 100 Mitarbeiter aus 22 verschiedenen Ländern, unter ihnen mehr als 30 promovierte Ingenieure. Alle Produkte und Lösungen entstehen aus einer Verbindung hochmoderner Technologie und den aktuellen Entwicklungen in der Industrie und in den Märkten.

Die 3Shape Produktmanager und Leiter der Entwicklungsteams treffen sich regelmäßig mit ihren Distributionspartnern in aller Welt, um jedem Produkt eine Spitzenplatzierung im Markt zu garantieren. Die lokalen 3Shape-Partner geben Anregungen ihrer Kunden weiter und liefern wertvolles Feedback. Auch nach zehn Jahren Erfolgsgeschichte blickt 3Shape immer weiter nach vorn. Das Ziel der vollständig digitalisierten Arbeitsabläufe in Praxis und Labor scheint nur wenige Jahre entfernt, auch wenn es immer einige kleinere Praxen geben wird, die weiterhin den traditionellen Weg gehen.

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