KOPENHAGEN/LEIPZIG – Zum Weltgesundheitstag thematisiert die Weltgesundheitsorganisation (WHO) Antibiotikaresistenzen und schlägt Alarm.
Seit 1948 gibt es den Weltgesundheitstag am 7. April. Jedes Jahr greift die WHO ein Thema auf, für das in die Öffentlichkeit und Politik sensibilisiert werden sollen. Heuer wird das wachsende Problem der Antibiotikaresistenz unter dem Motto „Wer heute nicht handelt, kann morgen nicht mehr heilen“ aufgegriffen.
Jedes Jahr sterben nach Schätzungen allein in den Ländern der Europäischen Union über 25.000 Menschen an Infektionen mit antibiotikaresistenten Bakterien, die meist im Krankenhaus erworben wurden, wie das europäische Regionalbüro der WHO in Kopenhagen mitteilt. Obwohl es für einen Teil der Länder Gesamteuropas keine Statistiken gebe, schätzt die Organisation, dass die Situation noch „schlimmer“ sei und schlägt Alarm.
„Ärzte und Wissenschaftler in der gesamten Region befürchten, dass aufgrund des rücksichtslosen Einsatzes von Antibiotika – und der daraus resultierenden Entstehung und Ausbreitung antibiotikaresistenter Bakterien – eine Rückkehr zu Verhältnissen droht, wie sie vor Entdeckung der Antibiotika herrschten, und einfache Infektionen nicht mehr behandelbar und alltägliche Eingriffe und Interventionen mit lebensbedrohlichen Gefahren verbunden wären“, schreibt die WHO in einer Mitteilung. Der Verband will „politische Entscheidungsträger und Planer, Bürger, Patienten, praktizierende und verschreibende Ärzte, Tierärzte, Landwirte, Apotheker und die pharmazeutische Industrie“ dazu aufrufen, Antibiotika sachgemäß und sinnvoll anzuwenden.
„Nie da gewesenes Ausmaß“
„Wir müssen heute Alarm schlagen, weil wir an einem entscheidenden Punkt angekommen sind, an dem Antibiotikaresistenzen ein nie da gewesenes Ausmaß erreicht haben und neue Antibiotika nicht schnell genug zur Verfügung stehen werden“, sagte Zsuzsanna Jakab, WHO-Regionaldirektorin für Europa. „Antibiotika sind eine ungeheuer wichtige Entdeckung, doch wir wissen sie nicht mehr zu schätzen und setzen sie stattdessen übermäßig oder unsachgemäß ein. Deshalb gibt es heute Super-Erreger, die auf kein Arzneimittel mehr ansprechen. Angesichts des wachsenden Reise- und Handelsvolumens in Europa und weltweit müssen sich die Bürger darüber im Klaren sein, dass kein Land in Sicherheit ist, bis alle Länder gegen dieses Problem ankämpfen.“
In einigen Ländern frei erhältlich
Die WHO kritisiert, dass es in einigen Ländern keine Vorschriften für die Verwendung von Antibiotika gibt oder diese frei erhältlich sind. Verurteilt werden Ärzte/-innen, die entweder „leichtfertig“ oder zu „Unrecht“ ein Antibiotikum verschreiben. Genannt werden auch Landwirte/-innen, die nach „eigenem Gutdünken“ Tieren Antibiotika verabreichen, um das Wachstum zu fördern und Krankheiten zu verhindern. Eine „informelle“ Untersuchung der WHO in 21 Ländern ergab, dass in 14 von ihnen Antibiotika rezeptfrei erhältlich sind. „Nur sieben der 21 Länder verfügen über einen nationalen Aktionsplan gegen Antibiotikaresistenz, und ebenfalls nur sieben über eine nationale Koordinierungsstelle“, bilanziert das europäische WHO-Büro. „In weniger als der Hälfte der untersuchten Länder gab es nationale Leitlinien für Handhygiene in Gesundheitseinrichtungen, nur ein Drittel der Länder verfügte über ein nationales Surveillance-System mit Datenbank für Antibiotikaresistenzen.“
Das WHO-Regionalbüro will im Zuge des Jahres die Zusammenarbeit mit nationalen Gesundheitsministerien intensivieren. Diesen soll auf einer Tagung im September ein Aktionsplan vorgestellt werden.
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