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Bundesweit ersten Lehrstuhl für Behindertenorientierte Zahnmedizin

Der erste Lehrstuhl für Behindertenorientierte Zahnmedizin wurde vergeben. © Kadmy – Fotolia.de
Universität Witten/Herdecke (UW/H)

Universität Witten/Herdecke (UW/H)

Di. 12. Mai 2015

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WITTEN – Die Universität Witten/Herdecke hat Prof. Dr. Andreas Schulte auf den bundesweit ersten Lehrstuhl für Behindertenorientierte Zahnmedizin berufen. Der 59-Jährige hat an der Uni Münster Zahnmedizin studiert und war dort bis 1991 als Wissenschaftlicher Mitarbeiter tätig.

Danach wechselte er an die Universität Marburg in die Abteilung für Kinderzahnheilkunde, wo im Jahre 1996 seine Habilitation erfolgte. Im Jahre 1998 wechselte er als leitender Oberarzt an die Abteilung für Zahnerhaltung der Universität Heidelberg, wo er im Jahre 2002 zum außerplanmäßigen Professor ernannt wurde. Obwohl Prof. Schulte in verschiedenen Abteilungen tätig war und auch eine Weiterbildung zum Fachzahnarzt für Oralchirurgie erfolgreich abschloss, hat er sich kontinuierlich dem Thema der Behandlung von Menschen mit Behinderungen gewidmet. Das ist einerseits ein Beleg für die Interdisziplinarität des Themas, zeigt aber auch, dass das Fach bisher in Deutschland nicht institutionell vertreten ist. „Über den Ruf aus Witten und die Einrichtung des Lehrstuhls habe ich mich sehr gefreut“, sagt Prof. Schulte. „Die zahnärztliche Behandlung von Menschen mit Behinderungen ist ein wichtiges Thema, dem bisher auf universitärer Seite nicht genug Augenmerk geschenkt wurde. Durch die Schaffung des neuen Lehrstuhls wird das nun anders und das Thema erfährt die Aufmerksamkeit, die es auch verdient.“

Möglich machen dieses richtungsweisende Projekt die Software AG-Stiftung, die die Finanzierung des Stiftungslehrstuhls für fünf Jahre übernimmt, sowie die Mahle-Stiftung, die als Co-Förderer zunächst für ein Jahr im Boot ist.

Bereits im Jahr 1987 wurde an der ersten privaten Universität Deutschlands die Sektion „Special Care“ ins Leben gerufen, die sich mit der Behandlung von Menschen mit Behinderungen befasst. Seit 2001 bildet die Uni alle angehenden Zahnärzte auch für die Behandlung von Patienten mit Behinderungen aus.

„Die zahnärztliche Versorgung von Menschen mit Behinderungen ist leider immer noch unzureichend“, erläutert Prof. Schulte. Gründe seien mangelnde Behandlungskooperation, Angst vor der Behandlung und eine eingeschränkte Zahn- und Mundhygiene. „Einen angemessenen Umgang mit diesen Patienten lernt man normalerweise nicht im Zahnmedizinstudium. Wir möchten unseren Beitrag dazu leisten, dass sich das ändert.“

Die UW/H hat die zahnmedizinische Versorgung von Menschen mit Behinderungen schon früh als wichtigen gesellschaftlichen Auftrag begriffen. Durchschnittlich werden hier jährlich rund 1.800 Patienten mit meist schweren Mehrfachbehinderungen behandelt. „Mit der Einrichtung des neuen Lehrstuhls möchten wir nicht nur die Qualität und Quantität der studentischen Lehre weiter verbessern, sondern das Thema vor allem auch beforschen und verbesserte Möglichkeiten zur akademischen Qualifikation, zu Promotionen und Habilitationen bieten“, sagt Prof. Stefan Zimmer, Leiter des Departments für Zahn-, Mund- und Kieferheilkunde an der UW/H. Schwerpunktmäßig sollen dabei zwei Themen behandelt werden: Programme zur Prävention und Therapie der wichtigsten oralen Erkrankungen Karies und Parodontitis sowie die Erarbeitung von Grundlagen für die Einbringung solcher Maßnahmen in den Leistungskatalog der Krankenversicherungen. Prof. Zimmer: „Bislang gibt es kaum etablierte spezielle Präventionsprogramme für Menschen mit Behinderungen. Die Therapie erfolgt nach den gleichen Abrechnungsbestimmungen wie für Menschen ohne Behinderungen. Da Prävention und Behandlung bei Menschen mit Behinderungen in der Regel aber erheblich zeitintensiver und schwieriger sind, wird dieser Personenkreis aus wirtschaftlichen und fachlichen Gründen häufig nicht adäquat versorgt.“ Aus diesem Grund solle der Lehrstuhl Konzepte entwickeln, die nicht nur den besonderen Bedürfnissen dieser Patientengruppe gerecht werden, sondern auch die ökonomischen Rahmenbedingungen verändern können. Im Kern gehe es darum, eine belastbare Datenbasis für die Realisierung einer verbesserten Leistungsabrechnung bei der Behandlung von Menschen mit Behinderungen zu realisieren.

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