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DAZ fordert Sachlichkeit in der Implantologie-Debatte

Der Deutsche Arbeitskreis für Zahnheilkunde (DAZ) kritisiert die Stellungsnahmen von Implantatverbänden zur IQWiG-Studie: Implantatversorgung bei verkürzter Zahnreihe (Foto: Kuttelvaserova).
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Mi. 21. Oktober 2009

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KÖLN – Der Deutsche Arbeitskreis für Zahnheilkunde (DAZ) e.V. fordert Versorgungsforschung statt Mode- und Marketing-orientierter Therapie-Beliebigkeit.

Der DAZ nimmt die heftigen Reaktionen von Implantologen-Organisationen auf eine Studie des Institutes für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG) zur Implantatversorgung bei verkürzter Zahnreihe mit Verwunderung zur Kenntnis. Das IQWiG war 2005 vom Gemeinsamen Bundesausschuss – einem aus Vertretern von Kassen und Leistungserbringern bestehendem Gremium, dem die Festlegung der ärztlichen und zahnärztlichen Leistungen für gesetzlich Versicherte obliegt – beauftragt worden, den möglichen Zusatznutzen einer implantatgestützten Versorgung der verkürzten Zahnreihe gegenüber anderen Versorgungsformen zu untersuchen und dabei auch die jeweils anfallenden Kosten zu vergleichen. Die Studie kommt zu dem Ergebnis, dass es aufgrund der mangelhaften Datenlage weder Hinweise noch Belege für einen Zusatznutzen von implantatgetragenem gegenüber konventionellem Zahnersatz bei der Versorgung der verkürzten Zahnreihe gibt. Daraus folgt nicht, dass Implantate keine Zusatznutzen hätten, sondern nur, dass wir zu wenig darüber wissen. Zu den Kosten der Implantatversorgungen konnten keine Aussagen gemacht werden, da keine Abrechnungsdaten zugänglich waren.

Die Deutsche Gesellschaft für Implantologie (DGI) und der Bundesverband der implantologisch tätigen Zahnärzte in Europa (BDIZ EDI) kritisieren die Studie scharf. Die DGI bewertet sie generell als unausgewogen und unwissenschaftlich und unterstellt den Autoren, u. a. Prof. Dr. Thomas Kerschbaum und Prof. Dr. Bernd Wöstmann, dass sie „ein Ergebnis mindestens billigend in Kauf genommen“ hätten, welches dazu dienen würde, die Vor- und Nachteile bestimmter Implantatversorgungen zu verwischen. Die Datenlage, so der Vorwurf, sei nicht „vollständig und ....ausgewogen analysiert“ worden und deswegen hätte es im Ergebnis auch nur für eine „unwissenschaftliche Meinungsäußerung“ gereicht. Würde dieser Vorwurf der DGI stimmen, hätten die Autoren damit ihre wissenschaftliche Reputation beschädigt. Das Zitat „Ein Schelm, wer Böses - oder gar Politisches - dabei denkt“ lässt vermuten, die DGI wolle suggerieren, dass auch politische Überlegungen das Untersuchungsergebnis beeinflusst hätten.

Es wirkt doch etwas befremdlich, wenn die Implatologen-Gesellschaft renom¬mierten Wissenschaftlern mangelnde Unabhängigkeit vorwirft und dabei für sich selber pauschal Objektivität reklamiert. Die DGI bemängelt zwar den Ausschluss einiger Studien aus der IQWiG-Untersuchung, bleibt aber den Nachweis schuldig, wieso man diese Arbeiten hätte einbeziehen müssen oder mit Hilfe welcher anderer Studien man zu klareren Ergebnissen hätte kommen können. Den Vorwurf der Unwissenschaftlichkeit muss man also eher an die Kritiker zurückgeben ebenso wie die Frage danach, ob nicht gewisse Eigeninteressen der Implantologen bei der Bewertung der Studie eine größere Rolle gespielt haben als die Suche nach nutzbringenden Therapieformen.

Wiederholt hat sich der DAZ für Mäßigung in der Verwendung von Implantaten ausgesprochen. Warnungen bezüglich nicht vorhandener Evidenz gab es auch schon früher. Eine prothetische Versorgung ist ein hoch komplexes Geschehen, bei dem die Reduktion auf ein Behandlungsmittel nicht angemessen ist. In die Auswahl sollten der „gesunde Menschenverstand“ und die eigene Erfahrung neben der immer zu fordernden Evidenz eingehen. Sehr viele Zahnärzte sind von einem gewissen Zusatznutzen einer Implantatversorgung unter bestimmten Umständen überzeugt und beraten ihre Patienten auch in diesem Sinne.

Da die Studie sich auf das Thema verkürzte Zahnreihe beschränkte, lassen sich aus ihr für andere prothetisch zu behandelnden Situationen ohnehin keine Schlüsse ziehen. Dass also künftig aufgrund dieser Studie Patienten für sie sinnvolle Implantat-Lösungen vorenthalten werden, ist keineswegs zu befürchten. Der vorherrschende Trend sieht gänzlich anders aus. „Die Implantat-Therapie ist“, wie die DAZ-Vorsitzende Dr. Celina Schätze angesichts der Auseinandersetzung über die IQWiG-Studie anmerkt, „zur angesagten statusträchtigen ‚Zeitgeist-Therapie' geworden und deshalb mit großen wirtschaftlichen Interessen verbunden. Gerade dies macht Versorgungsforschung erforderlich. Nur so können wir etwas über den Nutzen und die Bewährung unserer Arbeit erfahren und damit auch über deren letztendliche Wirtschaftlichkeit. Versorgungsforschung macht uns unabhängiger von Moden und interessengesteuerter Werbung.“ Versorgungsforschung ermöglicht letztlich eine bessere Therapie für die Patienten - Grund für den DAZ, sich weiterhin für ihren Ausbau einzusetzen.

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