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Föderalismus im Gesundheitswesen stärken

Die Kassenzahnärztliche Vereinigung Bayerns (KZVB) fordert vom Gesundheitsministerium des Bundes - hier auf dem Bild zu sehen - „liberale Grundpositionen“ (Foto: BMG).
KZVB

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Do. 15. Oktober 2009

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MÜNCHEN – Mit einem Zehn-Punkte-Katalog haben sich die bayerischen Vertragszahnärzte an die Gesundheitspolitiker von CDU/CSU und FDP gewandt.

„Es ist an der Zeit, aus einem sozialistischen wieder ein soziales Gesundheitswesen zu machen“, so Dr. Janusz Rat, Vorsitzender des Vorstandes der Kassenzahnärztlichen Vereinigung Bayerns (KZVB). Die Weichen dafür müssten bei den laufenden Koalitionsverhandlungen gestellt werden. Zu den Forderungen der KZVB zählt die Abschaffung der Budgetierung zahnärztlicher Leistungen sowie der sogenannten Degression, eine Anpassung der Gebührenordnung für Zahnärzte (GOZ), die Stärkung föderaler Strukturen und der Stopp der elektronischen Gesundheitskarte (eGK).

Die Forderungen im Detail:

1. Gesundheitsministerium
Das sozialistische Gesundheitswesen in Deutschland muss in ein soziales Gesundheitswesen umgestaltet werden. Liberale Grundpositionen müssen die Strukturen im Bundesgesundheitsministerium bestimmen.

2. Balance zwischen Krankenkassen und KZVen wiederherstellen
Die Kompetenzen und Zuständigkeiten der KVen/KZVen einerseits und Krankenkassen andererseits sind sachbezogen aufzuteilen. Dabei ist auf ein Gleichgewicht der Kräfte zu achten. Dieses wird durch Einzelverträge zwischen Krankenkassen und ausgewählten Zahnärzten untergraben. Knebelverträge wären die Folge. Integrierte Versorgungsverträge sind im zahnärztlichen Bereich kontraproduktiv und nachteilig für die Patienten.
Kollektivverträge müssen erhalten bleiben. Individual- oder Selektivverträge sind auf Ausnahmefälle zu beschränken, damit der Sicherstellungsauftrag nachhaltig und flächendeckend gewährleistet werden kann.

3. Abschaffung der Budgetierung
Das zahnmedizinische Gesundheitssystem benötigt auf der Grundlage einer Regelversorgung keine Budgetierung. Ordnungspolitische Instrumente begrenzen bereits das Ausgabengeschehen (Genehmigungsvorbehalt durch Krankenkassen von Behandlungen im Bereich Zahnersatz, Parodontologie, Kieferbruch, Kieferorthopädie). Individualprophylaxe und Früherkennungsuntersuchungen sind neben Zahnersatzbehandlungen bereits unbudgetiert. Seit Einführung der Grundlohnsummenanbindung im Jahre 1993 bleibt die Honoraranpassung weit hinter der Inflationsrate zurück. Das ist äußerst leistungsfeindlich.

4. Wegfall der Degression
Die stufenweise, umsatzabhängige Punktwertabsenkung bei zahnärztlichen Leistungen um bis zu 40 Prozent ist leistungsfeindlich und verletzt den Gleichheitsgrundsatz. Die beabsichtigten Ziele kehren sich ins Gegenteil um, weil sich die Degression im Zusammenspiel mit anderen gesetzlichen Instrumenten gerade bei kleineren Praxen honorarkürzend auswirkt.

5. Anpassung der Privatgebührenordnung GOZ
Die Gebührenordnung für Zahnärzte muss auf den neuesten wissenschaftlichen Stand gebracht werden. Die Gebührenordnung im Bereich der gesetzlichen Krankenkassen ist dafür als Mustervorlage untauglich, weil die Privatzahnheilkunde den Innovationsmotor schlechthin darstellt, der Steigerung der Qualitätsstandards dient und unabhängig von den Finanznöten der gesetzlichen Krankenversicherung ausgestaltet werden muss. Eine Honoraranpassung der seit über zwanzig Jahren nicht angepassten Gebührenordnung muss zumindest die zwanzigjährige Inflationsentwicklung vollständig ausgleichen.
Die Begründungspflicht bei Faktorüberschreitung muss ersatzlos entfallen. Sie wird durch die privaten Krankenversicherungsunternehmen als Restriktionsinstrument zur Er-stattungssenkung zulasten der Versicherten missbraucht.

6. Stopp der elektronischen Gesundheitskarte
Die elektronische Gesundheitskarte hat für Zahnärzte keinen erkennbaren Nutzen. Milliardenbeträge werden dem Gesundheitswesen entzogen und der IT-Industrie zugeführt. In der Zahnarztpraxis dürfen Computer, die Patientendaten enthalten, keinesfalls online verbunden sein, um dem Datenschutz, der ärztlichen Schweigepflicht und dem informationellen Selbstbestimmungsrecht der Patienten Genüge zu tun.

7. Gewährleistung der freien Arztwahl
Die freie Arztwahl durch den Patienten ist eine höchst intime, auf Vertrauen basierende Entscheidung und maßgeblich für den Therapieerfolg. Die freie Arztwahl darf nicht durch Boni, sonstige Zuwendungen oder Anreize („Zahnersatz zum Nulltarif“) beeinflusst werden. Einflüsse aller Art behindern den Qualitätswettbewerb unter der Zahnärzteschaft.

8. Zuzahlungsverbot in der GKV aufheben
Das Zuzahlungsverbot, das für viele Sachleistungen im Bereich der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) gilt, ist aufzuheben, um auch dem Pflichtversicherten die Möglichkeiten eines aufwändigeren Behandlungsverfahrens zu ermöglichen, ohne dass der Patient seinen Anspruch auf die Sachleistung verliert.

9. Kostenerstattung erleichtern
Dem mündigen Patienten muss die Wahl der Kostenerstattung wesentlich erleichtert werden. Sie darf nicht durch einseitige Beratungspflichten und einen Erstattungsabzug wegen angeblich erhöhter Verwaltungskosten oder angeblich fehlender Wirtschaftlich-keitsprüfung erschwert werden.

10. Föderales Prinzip wiedereinführen
In Zeiten der Globalisierung und Europäisierung ist im Gesundheitswesen das föderale Prinzip zu stärken. Den individuellen Belangen der verschiedenen Bundesländer und deren Bevölkerung muss Rechnung getragen werden. Hierzu gehört die Vertragshoheit mit den Krankenkassen. Die Länderaufsichtsministerien müssen die Zuständigkeit für regionale Belange auch bei überregionalen Krankenkassen erhalten.

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