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GOZ-Novelle von 2011 verstößt gegen gesetzliche Vorgaben

Ein aktuelles Gutachten stuft die GOZ-Novelle von 2011 als rechtswidrig ein. © Sebastian Duda - Fotolia.com
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Mo. 20. August 2012

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MÜNCHEN - Die Erste Verordnung zur Änderung der GOZ aus dem Jahr 2011 ist nach Auffassung des Berliner Staats- und Verwaltungsrechtlers, Universitätsprofessor Dr. jur. habil. Helge Sodan, aus mehreren Gründen mit dem Grundgesetz und dem Zahnheilkundegesetz unvereinbar.

In einem Rechtsgutachten, erstellt im Auftrag der Bayerischen Landeszahnärztekammer (BLZK), schreibt der Inhaber des Lehrstuhls für Staats- und Verwaltungsrecht, Öffentliches Wirtschaftsrecht und Sozialrecht an der Freien Universität Berlin: „Vergütungsregelungen der GOZ-Novelle von 2011 halten sich nicht im Rahmen der Ermächtigungsgrundlage des § 15 ZHG und verstoßen deshalb gegen den in Art. 80 Abs. 1 Satz 1 GG speziell geregelten Vorrang und Vorbehalt des Gesetzes.“
 
Der Verordnungsgeber hat mit der GOZ-Novelle von 2011 seinen gestalterischen Spielraum überschritten. Sodan weist nach, dass die Bundesregierung sich weder an der seit 1988 erfolgten Geldentwertung noch an dem betriebswirtschaftlich erforderlichen Stundenhonorar durchgehend orientiert hat, obwohl sie selbst diese Maßstäbe für eine angemessene Vergütung der zahnärztlichen Tätigkeit nennt. Damit sei der gebotene Interessenausgleich zwischen Zahnärzten einerseits und den zur Honorierung der erbrachten Leistung verpflichteten Patienten andererseits nicht sachgerecht erfolgt. Daraus folgt eine Verletzung des Grundrechts der Berufsfreiheit der betroffenen Zahnärzte.
 
Dies gilt auch wegen eines weiteren Verstoßes der GOZ-Novelle gegen § 15 ZHG. Diesen sieht Sodan, zugleich auch Direktor des Deutschen Instituts für Gesundheitsrecht (DIGR), darin, dass zahlreiche Gebührensätze der GOZ im Vergleich zu den Vergütungen für entsprechende vertragszahnärztliche Tätigkeiten innerhalb des Systems der gesetzlichen Krankenversicherung zu niedrig sind. Dies ergibt sich aus dem unmittelbaren Vergleich der neuen Gebührenpositionen mit dem einheitlichen Bewertungsmaßstab für zahnärztliche Leistungen (BEMA). Das Bundesverfassungsgericht selbst habe in einem Beschluss vom 25. Oktober 2004 hierzu ausgeführt, dass „die Gebührenmarge bei Zahnärzten besonders schmal ist“. Weiter hatte das Gericht darauf hingewiesen, dass „ein Absinken unter die Honorierung, die auch die gesetzliche Krankenversicherung zur Verfügung stellt (nämlich den 2,3-fachen Satz), wohl kaum noch als angemessen zu bezeichnen ist.“
 
Der Punktwert in der zahnärztlichen Gebührenordnung (GOZ) ist seit 1987 unverändert. Er liegt weiterhin bei nur 5,62421 Cent.
 
Schließlich fehlt dem Bund auch die notwendige Verbandskompetenz zur Regelung der zahnärztlichen Gebühren. „Insoweit verletzt der Bund mit der Vorschrift im § 15 ZHG das Gesetzgebungsrecht der Länder nach Artikel 70 Abs. 1 Grundgesetz. Mangels gültiger Ermächtigungsgrundlage für die GOZ-Novelle von 2011 verstößt diese gegen den in Artikel 80 Abs. 1 GG normierten Vorbehalt des Gesetzes.“ Damit grenzt sich Sodan, der viele Jahre Präsident des Verfassungsgerichtshofes des Landes Berlin war, von der Judikatur des Bundesverfassungsgerichtes ab, welche im Jahr 1984 die Kompetenz des Bundes zur Regelung der ärztlichen Gebührenordnung aus Artikel 74 Nr. 11 GG („Recht der Wirtschaft“) abgeleitet hat.
 
Die Bayerische Landeszahnärztekammer sieht sich durch das jetzt vorliegende (mehr als 100 Seiten umfassende) Rechtsgutachten in ihrer Auffassung bestätigt, dass Bund und Länder bei den Beratungen über die GOZ keinen fairen Interessenausgleich vorgenommen haben. Zudem beobachtet die Kammer eine zunehmend rigide Erstattungspraxis der privaten Krankenversicherung und der Beihilfe. Dazu sagte BLZK-Präsident Prof. Dr. Christoph Benz: „Leistungspositionen werden in unvertretbarer Weise gekürzt, die medizinische Notwendigkeit von Behandlungen zunehmend infrage gestellt. Viele Patientinnen und Patienten beklagen diese Erstattungspraxis. Hinzu kommt die Gängelung durch den Verordnungsgeber, der zum 1. Juli 2012 ein maschinenlesbares Abrechnungsformular verordnet hat, um den Wünschen der privaten Krankenversicherung entgegenzukommen. All dies sind Eingriffe in die freie Berufsausübung, die wir so nicht hinnehmen können.“

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