STOCKHOLM/LEIPZIG – Dr. Alban ist wahrscheinlich der bekannteste Zahnarzt, der den Bohrer gegen das Mikro eingetauscht hat. Im Gespräch erzählt der Musiker aus Schweden, der in den Neunzigerjahren die Charts in Europa stürmte, was er heute macht, ob er sich noch für Zahnmedizin interessiert und was er von der aktuellen Musik hält.
In den Neunzigerjahren eroberte der Eurodance die Tanzflächen. Dr. Alban war einer der bekanntesten Repräsentanten des Musikstils. In Österreich erreichten die Singles „Hello Afrika“ und „It’s my Life“ die Chartplatzierung 1, weitere Singles waren unter den Top Ten. Der gebürtige Nigerianer, der in Schweden Zahnmedizin studierte und drei Jahre lang seine eigene Ordination betrieb, arbeitet immer noch als Musiker.
Dr. Alban, Sie sind ein berühmter Vertreter des Eurodance, und Sie waren in den Neunzigerjahren sehr erfolgreich. Wie viele Fans haben Sie heute?
Dr. Alban: (lacht) Ich weiß nicht, wie viele es sind, aber es werden eine Menge sein.
Arbeiten Sie derzeit an einem neuen Album?
Ich schreibe die ganze Zeit neue Songs, plane aber kein neues Album. Ich muss nicht so hart arbeiten und auch nicht ein Album nach dem nächsten produzieren. Das haben wir in den Neunzigern gemacht. Aber heute toure ich wieder, weil derzeit die Musik von damals richtig populär ist.
Wo treten Sie überall auf, wo können die Fans Sie live sehen?
Überall in Europa. Ich, aber auch Haddaway, Culture Beat und Snap treten auf. Jede Woche ist ein Event mit Stars der Neunzigerjahre.
2009 haben Sie den Song „I love the 90’s“ mit Haddaway produziert, der es aber nicht in die europäi-schen Charts schaffte, auch nicht in Österreich, Deutschland und selbst in Schweden nicht. Ist Eurodance tot?
Nein, das glaube ich nicht. Die Charts sind nicht wichtig. Es ist auch schwierig, in die Top Ten zu gelangen, denn wir leben ja nicht wieder in den Neunzigerjahren. Wir hatten unsere Zeit, aber sie ist vorbei. Ich genieße es heute, wenn Fans „It’s my Life“ und „Sing Hallelujah“ singen wollen. Für mich ist es auch viel wichtiger, dass ich jede Woche toure, als in die Charts zu kommen.
Es scheint so, dass Eurodance immer noch in Ost-, aber nicht in Mitteleuropa populär ist.
Nein, das denke ich nicht. Wir müssen verstehen, dass zu Beginn der Neunzigerjahre die Menschen in Osteuropa unsere Musik nicht genießen konnten, denn sie hatten immer noch Kommunismus in ihren Ländern. Ich konnte zum Beispiel in den frühen Neunzigerjahren nicht nach Russland, Polen oder in die Tschechoslowakei reisen. Das ist der Grund, warum die Leute die Musik heute genießen.
In einem Interview mit dem Magazin „Stern“ sagten Sie 2007, dass die heutige Musik „Mist“ sei. Warum mögen Sie die aktuelle Musik nicht?
Es ist nicht so, dass ich die Musik von heute nicht mag. In den Siebziger-, Achtziger- und Neunzigerjahren gab es eine Musikkultur, aber was ist charakteristisch für die Musik zwischen 2000 und 2010? Ich weiß nicht. In den Neunzigerjahren hatten wir den Europe Beat, es war eine richtige Musikrichtung und sie war populär. Seit 2000 wird eigentlich nur noch aus den letzten Jahrzehnten kopiert.
Und wie wird sich Ihrer Meinung nach die Musik zukünftig entwickeln?
Keine Ahnung. Aber alles, was schon mal da war, wird wieder aufgegriffen werden. Was macht Lady Gaga? Sie ist teilweise eine Mischung aus Madonna und Kylie Minogue, nur wenige winzige Veränderungen lassen sich feststellen. Ich kann nicht Originales erkennen, so wie unsere Musik in den Neunzigern war. Heute ist alles irgendwie eine Kopie.
Ihre Musikkarriere begann vor über zwanzig Jahren. Seit damals hat sich die Zahnmedizin entwickelt, es gibt etwa große Fortschritte in der Implantologie und digitalen Zahnmedizin. Interessieren Sie sich immer noch für Zahnmedizin?
Nein, nicht wirklich. Ich arbeite solange schon nicht mehr als Zahnarzt. Heutzutage reise ich viel und habe eine Familie mit zwei Kindern. Ich genieße mein jetziges Leben.
Könnten Sie sich vorstellen, wieder als Zahnarzt tätig zu werden?
Wie schon gesagt, das Problem ist, dass ich schon lange nicht mehr als Zahnarzt gearbeitet habe. Es gibt neue Materialien, mit denen man arbeitet. Ich würde erst mal sehr langsam sein und müsste viel über neue Technologien und Materialien lernen.
Und dann ist es ein Job mit einer Fünf-Tage-Woche, in der man von 7 bis 17 Uhr in der Ordination ist. Ich bin es gewohnt, während der Woche nichts zu tun, dafür aber am Wochenende zu arbeiten. Das ist schon ein völlig anderes Leben als das eines Zahnarztes. Ich glaube nicht, dass ich bald wieder als Zahnarzt tätig werde.
Dr. Alban
Der Musiker Dr. Alban, eigentlich Alban Nwapa, wurde 1957 in Nigeria geboren, emigrierte mit 18 Jahren nach Schweden. Als Student der Zahnmedizin arbeitete er nebenbei als DJ und wurde dadurch bekannt, weil er die Songs mit einem Rap begleitete. Seine erste Single „Hello Afrika“ verkaufte sich über eine Million Mal und erreichte Platz 1 der österreichischen Charts im Jahr 1990. Weitere Songs wie „It’s my Life“ waren noch erfolgreicher. Weltweit verkaufte Dr. Alban über fünf Millionen Alben und über sechs Millionen Singles.
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