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Bern/Belgrad – Eine Studie eines internationalen Forschungsteams hat den Zusammenhang zwischen dem Kariesstatus bei zwölfjährigen Kindern in Europa und der geografischen Lage sowie mehreren mikro- und makroökonomischen Faktoren untersucht. Unter der Leitung von Dr. Kian Alessandro Schmutz (Universität Bern), Dr. Roberta Borg-Bartolo (Universität Bern) und Assistenzprofessorin Ana Vuković (Universität Belgrad) wurden Daten ausgewertet, die im Zeitraum von 2011 bis 2022 in 36 europäischen Ländern erhoben wurden.
Das Forscherteam bezieht in seinen Analysen die Faktoren Bruttonationaleinkommen (BNE), geografische Lage, Arbeitslosenquote und den Human Development Index (Wohlstandsindikator) mit ein. Der Kariesindex DMFT (Decayed, Missing or Filled Teeth, also kariöse, fehlende oder gefüllte Zähne) wurde zur Beurteilung des Ausmaßes der Karieserfahrung der Kinder herangezogen. Eine geringe Karieserfahrung besteht bei einem DMFT von ≤ 1, ein DMFT zwischen > 1 und ≤ 2 gilt als mittelhoch, ein DMFT von > 2 bis ≤ 3 ist hoch und alles über einem Wert von 3 zeigt einen sehr hohen Kariesstatus auf.
Auffällige Unterschiede in Europa
Die Ergebnisse zeigen, dass Kinder in südeuropäischen Ländern wie Kroatien und Slowenien eine höhere Kariesprävalenz (ca. 59 %) haben als Kinder in Nordeuropa (ca. 44 %). Während die Kariesrate in entwickelten Ländern tendenziell seit Mitte der 70er-Jahre sinkt, bleiben dennoch große Unterschiede innerhalb Europas bestehen, insbesondere zwischen wirtschaftlich benachteiligten Regionen und wohlhabenderen Ländern. Diese Unterschiede betreffen sowohl die allgemeine Bevölkerung als auch speziell sozial und wirtschaftlich benachteiligte Gruppen.
Für alle EU-Mitgliedsstaaten, die eine Pro-Kopf-Ausgabe von über 100 US-Dollar für die zahnmedizinische Versorgung aufweisen, ermittelte die Studie einen niedrigeren DMFT-Wert als den durchschnittlichen Gesamtmittelwert. Dieser liegt bei einem Wert von 2,10.
Länder in Westeuropa verzeichnen die geringste Kariesprävalenz mit einem DMFT von 0,8, während Kinder in Osteuropa mit dem DMFT-Wert 2,87 am stärksten betroffen sind. In Ländern mit höherer Arbeitslosenquote, vor allem in Süd- und Osteuropa, ist der DMFT ebenfalls statistisch signifikant höher, hier reicht der Mittelwert bis zu 6,88.
Die Studie zeigt zudem, dass Kinder aus Ländern mit höherem BNE eine signifikant niedrigere Karieserfahrung haben: Der Gesamtmittelwert der DMFT nach BNE-Kategorie betrug 0,85 (bei einem sehr hohen Einkommen von BNE > 25.000 US-Dollar), 2,49 (bei einem hohen Einkommen von BNE 15.001-25.000 US-Dollar) bzw. 3,17 (bei einem mittleren Einkommen von BNE ≤ 15.000 US-Dollar).
Gründe für die auffälligen Unterschiede können der landesabhängige schlechte Zugang zu zahnmedizinischen Präventionsmaßnahmen, erhöhter Zuckerkonsum und eine allgemein schlechtere Gesundheitsversorgung sein.
Bedeutung für die Gesundheitspolitik
Die Ergebnisse unterstreichen die Notwendigkeit, präventive Maßnahmen in Ländern mit niedrigem Einkommen zu verstärken und den Zugang zur zahnmedizinischen Versorgung zu verbessern. Der Studie zufolge könnten Ungleichheiten in der Mundgesundheit durch gezielte politische Maßnahmen und mehr Investition von Ressourcen in die Mundgesundheitssysteme reduziert werden. Ein besseres Verständnis der sozialen Determinanten von Karies könnte dazu beitragen, effektive und kosteneffiziente Präventionsstrategien zu entwickeln, die sowohl mikro- als auch makroökonomische Faktoren berücksichtigen.
Laut jüngsten Daten des Europäischen Observatoriums für Gesundheitssysteme und Gesundheitspolitik ist die zahnärztliche Versorgung von Kindern in den meisten europäischen Ländern fast vollständig abgedeckt und Kinder sind meist von Zuzahlungen befreit. Jedoch entscheidet jedes Land individuell über Finanzierung, Behandlungsabdeckung und die berücksichtigte Altersgruppe. Dies erschwert den direkten Vergleich der Gesundheitssysteme.
Das Forschungsteam fordert groß angelegte Stichproben mit längeren Beobachtungszeiträumen. Weitere Forschungsarbeiten könnten dabei über die Grenzen Europas auf alle Kontinente ausgedehnt werden.
Quellen: ZWP online/Wiley Online Library
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