Berlin – In der Europäischen Union beliefen sich die Ausgaben für die Behandlung oraler Erkrankungen im Jahr 2015 auf rund 90 Milliarden Euro – nach Diabetes und Herz-Kreislauf-Erkrankungen der dritthöchste Betrag unter den nichtübertragbaren Krankheiten.
Die medizinische Versorgung und Prävention werden in fast allen EU-Mitgliedstaaten zu großen Teilen aus öffentlichen Quellen finanziert, wobei meist bestimmte Behandlungen von der gesetzlichen Krankenversicherung ausgeschlossen sind. Insbesondere die zahnmedizinische Versorgung ist oft nur teilweise in den Gesundheitsleistungen der Länder enthalten, was zu erheblichen Kosten für den Einzelnen führt, die häufig eine Barriere für die Inanspruchnahme von Behandlungen darstellen. Andererseits kann eine kostenfreie Behandlung dazu führen, dass Gesundheitsleistungen zwar gewissenhaft in Anspruch genommen werden, die Eigeninitiative bei der Mundpflege jedoch zurückgeht, so dass sich die Mundgesundheit verschlechtert.
In einem Vergleich fünf europäischer Länder wurden der Status der Mundgesundheit und die öffentliche Abdeckung von Dienstleistungen zur Versorgung und Förderung der Mundgesundheit in Belgien, Dänemark, Deutschland, den Niederlanden und Spanien bei Kindern/Jugendlichen und Erwachsenen bewertet.*
In vielen EU-Ländern fehlen Daten
32 EU-Länder wurden betrachtet, um aufbauend auf frühere Studien tiefere Einblicke zu folgenden Fragestellungen zu liefern:
- Der Abdeckung der öffentlichen Mundgesundheitsversorgung im Hinblick auf die Bevölkerung, Leistungen und Kosten sowie
- Den Status der Mundgesundheit (T-Health-Index: Er basiert auf dem Kariesindex DMFT, gibt jedoch den funktionellen Zustand wieder, indem gesunde Zähne höher als gefüllte oder fehlende Zähne bewertet werden. In dieser Studie wurde ein gesunder Zahn mit 1 gewichtet, ein gefüllter mit 0,2, ein kariöser Zahn mit 0,1 und ein fehlender Zahn mit 0.)
Außerdem wurden Parodontalstatus über drei Indikatoren (Zahnfleischbluten, Zahnstein und Parodontaltaschen) sowie die Versorgung mit Prothesen als Ersatz fehlender Zähne ermittelt.
Für 16 Länder lagen keine verlässlichen epidemiologischen Daten zur Mundgesundheit vor. Die Daten von elf der 16 übrigen Länder waren veraltet (aus dem Jahr 2000 und älter) oder unvollständig. Ein Großteil der EU-Länder befindet sich somit im „Blindflug“, was ihre zahnmedizinische Versorgung betrifft.
Deshalb war lediglich ein Vergleich von fünf Ländern möglich, zu denen bevölkerungsrepräsentative Untersuchungen zur Mundgesundheit aus dem letzten Jahrzehnt mit vollständigen epidemiologischen Daten vorlagen, die nach üblichen Methoden ermittelt worden waren: Belgien, Dänemark, Deutschland, den Niederlanden und Spanien.
Ergebnisse der funktionellen Mundgesundheit
Der T-Health-Index lag bei den Ländern und Altersgruppen jeweils nah beieinander. Bei 5- bis 7-jährigen Kindern in Belgien und Deutschland war er jedoch unterdurchschnittlich, während Dänemark und den Niederlanden über dem Durchschnitt lagen (Wertebereich 17,7 (Belgien) bis 19,5 (Dänemark)). Bei den 12-14-Jährigen hatte Deutschland aufgeholt – in dieser Altersgruppe schnitten alle Länder sehr gut ab (Wertebereich 27,3 (Spanien & Niederlande) bis 27,6 (Deutschland & Dänemark)).
Die Mundgesundheit von Erwachsenen war in Spanien und den Niederlanden am besten und in Dänemark am schlechtesten (Wertebereich 16,5 (Dänemark) bis 20,6 (Spanien)). Auffallend waren die vergleichsweise niedrigen Werte des T-Health-Index bei älteren Menschen in Dänemark (8,0) und die guten Werte in Belgien (13,67).
Belgien und Spanien schnitten bei der Prävention mittelschwerer und schwerer Parodontalerkrankungen bei Erwachsenen im Alter von 35 bis 44 Jahren und 65 bis 74 Jahren besser ab, während die Prävalenz schwerer Parodontalerkrankungen in Deutschland und den Niederlanden relativ hoch war, ebenso bei älteren Menschen in Dänemark.
Abdeckung der öffentlichen Mundgesundheitsversorgung
In allen fünf Ländern hatte fast die gesamte Bevölkerung zumindest einen gewissen Grad an öffentlicher Absicherung für die Mundgesundheitsversorgung, sei es über nationale Gesundheitssysteme oder Sozialversicherungssysteme. Der Anteil der solidarischen Finanzierung war mit Abstand am höchsten in Deutschland (2020: 67,2 %) und am niedrigsten in Spanien (2020: 1,6 %), wo die Mundgesundheitsversorgung überwiegend privat von den Haushalten finanziert wird.
Es gab große Unterschiede in der Leistungsabdeckung für Erwachsene: Am umfassendsten war die Abdeckung mit einer Standardversorgung an präventiven und grundlegenden Behandlungen in Deutschland, gefolgt von Belgien und Dänemark – in Spanien und den Niederlanden werden selbst präventive Maßnahmen nur sehr begrenzt übernommen. In Dänemark zahlen Erwachsene Untersuchungen und Behandlungen aus eigener Tasche, können jedoch je nach Art der Behandlung, Krankenversicherungsgruppe und Alter eine Erstattung vom öffentlichen System erhalten. In allen Ländern werden Kosten für definierte Leistungen der Regelversorgung übernommen, z. B. nur bestimmte Materialien für Füllungen und Kronen. Alle Länder haben gesonderte Bestimmungen, um die Versorgung finanziell schwacher Menschen oder von Menschen mit bestimmten Erkrankungen oder Behinderungen zu gewährleisten.
Dänemark, Belgien und die Niederlande erstatten präventive Maßnahmen und Behandlungen für Kinder nahezu vollständig. Kieferorthopädische Behandlungen bei Kindern werden in Dänemark komplett übernommen, in den übrigen Ländern teilweise oder gar nicht. In Spanien werden Leistungen für Kinder nur teilweise erstattet, wobei zwischen den 17 Regionen große Unterschiede bestehen.
*Henschke C, Winkelmann J, Eriksen A3, Orejas Pérez E, Klingenberger D: Oral health status and coverage of oral health care: A five-country comparison.
Quelle: Wissenschaftlicher Informationsdienst
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