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Parodontalgesundheit: Experten rufen zur Diskussion auf

Von links nach rechts: Prof. Peter Eickholz, Dr. David Cavan, Prof. Iain Chapple, Prof. Juan Blanco Carrion, Prof. Sören Jepsen (Bild: Claudia Duschek, DTI)
Dental Tribune International

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Mo. 18. April 2016

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FRANKFURT – Anlässlich ihres 25-jähringen Jubiläums lud die European Federation of Periodontology (EFP) Medienvertreter aus der medizinischen und zahnmedizinischen Branche zu einem Treffen nach Frankfurt am Main ein, bei dem die Wissenschaftsorganisation zum weltweiten Handeln gegen parodontale Erkrankungen aufrief. Unter dem Motto “Parodontale Gesundheit für ein besseres Leben” thematisierten Experten eine Reihe wichtiger Fragen bezüglich einer besseren Aufklärung über Parodontalerkrankungen in der Ärzteschaft und der allgemeinen Bevölkerung.

Während des Meetings, das im SQUAIRE Business and Conference Center in Frankfurt stattfand, wies EFP-Präsident Prof. Sören Jepsen darauf hin, dass schwere Parodontitis die sechst häufigste Erkrankung weltweit ist. Etwa 11 Prozent der Weltbevölkerung sind davon betroffen. Trotz dieser hohen Zahl herrscht großes Unwissen über parodontale Erkrankungen in weiten Teilen der Öffentlichkeit, aber auch unter Ärzten und Zahnärzten. Deshalb hat es sich die EFP zum Ziel gemacht das Bewusstsein über diese Erkrankungen und ihre Auswirkungen durch verschiedene Initiativen zu stärken. Die EFP ist beispielsweise in Gesprächen mit der Europäischen Kommission und der Weltgesundheitsorganisation.

Prof. Iain Chapple, Leiter der Parodontologie an der School of Dentistry der University of Birmingham im Vereinigten Königreich, berichtete, dass die neusten Forschungsergebnisse deutlich machen, dass parodontale Erkrankungen mit vielen systemischen Erkrankungen, wie Diabetes und kardiovaskulären Erkrankungen, in Verbindung stehen. Aus diesem Grund kommt Zahnärzte eine entscheidende Rolle in der Prävention, Früherkennung und Behandlung dieser Erkrankungen zu.

Seit März dieses Jahres ist die EFP in Verhandlungen mit der International Diabetes Federation (IDF) über eine mögliche Kollaboration. Beide Organisationen wollen gemeinsam Wege finden die Früherkennung und Kontrolle von Diabetes zu verbessern. In den vergangenen Jahrzehnten ist die Zahl der Diabeteserkrankten erheblich gestiegen, von 108 Millionen im Jahr 1980 auf 422 Millionen in 2014. Etwa 12 Prozent der weltweiten Gesundheitsausgaben (673 Milliarden US-Dollar; 594 Milliarden Euro) werden der Behandlung von Diabetes zugerechnet. Angesichts der ökonomischen Belastung sagte Dr. David Cavan, Direktor für Politik und Programme bei der IDF: „Wir müssen unbedingt alle Faktoren in Angriff nehmen, die das Entstehungsrisiko und die Komplikationen eines Typ-2-Diabetes erhöhen. Und es ist klar, das seine parodontale Entzündung zu sehr ungünstigen Krankheitsverläufen bei Menschen mit Typ-2-Diabetes beitragen und sogar deren Progression beschleunigen kann.”

Mehrere Studien haben gezeigt, dass die erfolgreiche Behandlung von parodontalen Erkrankungen bei Menschen mit chronischen Krankheiten die Gesundheitskosten reduzieren und Krankenhausaufenthalte verringern kann. Die Ersparnis kann bis zu 5.000 US-Dollar (4.400 Euro) pro Jahr pro Patient betragen.

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Der zukünftige EFP-Präsident, Prof. Juan Blanco Carrion, der nach der EFP-Hauptversammlung am 23. April in Berlin sein Amt antreten wird, kündigte an: „Meine oberste Priorität ist es, mich dafür einzusetzen, dass Zahnfleischgesundheit und Zahnfleischerkrankungen verstärkt auf die international Gesundheitsagenda gelangen. Wir hoffen im allgemeinen Interesse der Patienten, der Behörden, der Gesundheitsbeauftragten und der Bürger zu handeln, wenn wir das Bewusstsein für die Parodontologie stärken und die Forschung sowie die vorbildliche Implementierung der Erkenntnisse fördern.“

Prof. Peter Eickholz, der Präsident der Deutschen Gesellschaft für Parodontologie, informierte die Teilnehmer über den aktuellen Stand der Parodontologie in Deutschland. „Es besteht eine deutliche Unterversorgung der deutschen Bevölkerung hinsichtlich der Parodontalgesundheit. Im Jahr 2013 wurden beispielsweise nur 973.000 Parodontitis-Fälle im Rahmen der gesetzlichen Krankenversicherung behandelt, obwohl fast 90 Prozent der Deutschen gesetzlich krankenversichert sind.” Insgesamt leiden 20 bis 30 Millionen Menschen in Deutschland an Parodontitis, 8 Millionen davon unter der schweren Form.

Die Teilnehmer der Pressekonferenz hörten auch die persönliche Krankheitsgeschichte eines Patienten. Der Patient erzählte, dass er, obwohl er regelmäßig zum Zahnarzt gegangen war, nur zufällig mit schwerer Parodontitis diagnostiziert wurde, als er zu Prof. Eickholz kam. Der Patient erlitt außerdem einen Herzanfall, eine anerkannte Begleiterkrankung von Parodontitis.

Die Patientengeschichte zeigte, dass Früherkennung die größte Hürde bei parodontalen Erkrankungen ist, da die Patienten oft keine klaren Entzündungssymptome, wie starke Schmerzen oder Unwohlsein, aufweisen. Die meisten Patienten haben lediglich Zahnfleischbluten. Prof. Eickholz betonte, dass viele Zahnärzte deshalb an der Diagnose scheitern, aus Unerfahrenheit oder aufgrund mangelnder Ausbildung. Der Fall zeigte außerdem, dass die interdisziplinäre Zusammenarbeit und Ausbildung verbessert werden muss. Sowohl Mediziner als auch Zahnmediziner sollten in der Lage sein Komorbiditäten parodontaler Erkrankungen zu erkennen und Patienten im Verdachtsfall an einen anderen Spezialisten überweisen.

Die EFP ist die Dachorganisation von 29 nationalen wissenschaftlichen Fachgesellschaften in Europa, Nordafrika und dem Nahen Osten. Seit 25 Jahren fördert die EFP Forschung und Wissenstransfer über Parodontalerkrankungen mit dem Ziel die orale und die allgemeine Gesundheit zu verbessern. Alle drei Jahre veranstaltet die EFP den EuroPerio-Kongress, der das nächste Mal vom 20. bis 23. Juni 2018 in Amsterdam stattfinden wird.

Im Rahmen der EFP-Kampagne findet am 12. Mai der European Periodontology Day statt.

 

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