HANNOVER – Auch die zweite Fortbildungsveranstaltung für Zahnärztinnen und Zahnärzte zum Thema „häusliche Gewalt" kürzlich in Hannover war stark nachgefragt. Da sich Verletzungen als Folgen häuslicher Gewalt in bis zu 80 Prozent der Fälle im Mund-Kiefer-Gesichtsbereich zeigen, sind Zahnärzte oft die ersten Ansprechpartner für betroffene Patientinnen und Patienten.
Neben der akuten Wundversorgung im zahnärztlichen Fachbereich stehen Zahnärzten auch und gerade wegen des ausgeprägten Vertrauensverhältnisses gegenüber ihren Patienten weitere Möglichkeiten zur effektiven Hilfestellung zur Verfügung.
Die Zahnärztekammer und die Kassenzahnärztliche Vereinigung Niedersachsen hatten zu vier Fachvorträgen eingeladen, in denen die Unterstützung der von häuslicher Gewalt betroffenen Frauen, Kinder und auch Männer aus medizinischer, psychosozialer und juristischer Sicht im Mittelpunkt standen.
Prof. Dr. Anette Solveig Debertin vom Rechtsmedizinischen Institut der Medizinischen Hochschule Hannover (MHH) berichtete eindrucksvoll über Formen und Auswirkungen von Misshandlung und wies auf das Netzwerk ProBeweis der MHH hin. Sie ging auf den speziellen zahnärztlichen Befundbogen der Zahnärztekammer und Kassenzahnärztlichen Vereinigung Niedersachsen ein. In ihm können Zahnärzte (und nur mit Zustimmung des Betroffenen) Befunde als Beweissicherung für mögliche folgende juristische Auseinandersetzungen dokumentieren.
Dr. Reinhard Schilke, Oberarzt in der Zahnklinik der MHH, verdeutlichte anhand von Bildern, dass auch die Vernachlässigung von Kindern als eine Form von Gewalt anzusehen ist.
Dipl.-Sozialpädagogin Silvia Fauth lenkte den Blick auf die psychosozialen Hintergründe, die zu häuslicher Gewalt führen und gab Hinweise zur behutsamen Gesprächsführung mit traumatisierten Gewaltopfern. Sie machte auf die zahlreichen Unterstützungseinrichtungen für Betroffene aufmerksam.
Von besonderer Bedeutung für Zahnärzte waren die Informationen über rechtliche Aspekte im Zusammenhang mit häuslicher Gewalt, die Oberstaatsanwältin Petra Herzog vortrug. Die Priorität der ärztlichen Schweigepflicht stand dabei im Vordergrund. Insofern können sich die von häuslicher Gewalt betroffenen Patientinnen und Patienten ihrem Zahnarzt unbesorgt anvertrauen und individuelle Hilfestellung erwarten.
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