BERLIN - Am 5. Juni widmen sich anlässlich des 2. Hirschfeld-Tiburtius-Symposiums Wissenschaftler unter dem Motto „Gender Dentistry: Wissenschaft – Praxis – Psychologie“ erstmals in einem zahnmedizinischen Fachsymposium dem Thema Zahngesundheit und Praxisführung im Gender-Fokus.
In der Zahn-, Mund- und Kieferheilkunde hat es das Thema derzeit noch etwas schwer – die Medizin allerdings macht bereits vor, dass man nicht um die Fragestellung herumkommt: Eine auch geschlechtsbezogene Sicht auf Krankheit und Gesundheit gibt wesentliche Anstöße zur Verbesserung von Prävention, Diagnose und Therapie. Unter dem Motto „Gender Dentistry: Wissenschaft – Praxis – Psychologie“ widmen sich am 5. Juni in Berlin deshalb Wissenschaftler aus den Hochschulen, des IDZ, der Bundeszahnärztekammer und ergänzende Experten erstmals in einem zahnmedizinischen Fachsymposium den bestehenden Daten und zu findenden Antworten für die zahnmedizinische Versorgung. PD Dr. Dr. Christiane Gleissner/Universität Mainz, wissenschaftliche Leiterin des 2. Hirschfeld-Tiburtius-Symposiums: „Explizit richten wir mit der Tagung den Blick sowohl auf männliche als auch auf weibliche gesundheitsbezogene Aspekte. Ziel ist die Optimierung von Erkenntnissen und deren Nutzung in der Praxis zur Verbesserung der zahnmedizinischen Versorgung überall da, wo ein modifiziertes Vorgehen auch Sinn macht.“ Zuerst einmal müsse gesichtet werden, was es an Daten gibt und welche Botschaften sie vermitteln – das sei insbesondere Sinn dieses Symposiums, das die Ergebnisse solcher Sichtungen vorstellt, u.a. anhand der Daten der DMS IV und der SHIP-Studie. Der zweite Schritt sei dann, diese Daten auch wissenschaftlich genauer unter die Lupe zu nehmen und damit Optimierungsansätze für das Fach ZMK und die Versorgung der Patienten zu entwickeln. Dass sich hier durchaus Aufgaben stellen, die wissenschaftlicher Untermauerung oder geänderter Kommunikation bedürfen, zeigen die genannten epidemiologischen Studien durchaus: So ist ein deutlich höherer Zahnverlust von Frauen in höherem Alter gegenüber gleichaltrigen Männern ein Thema, dem möglicherweise durch optimierte Prävention, Kommunikation oder auch Medikation entgegengewirkt werden könnte. Wenig erforscht sind die Gründe für höhere PA-Werte bei Männern, die im Zuge des fortschreitenden Wissens um immunologische Zusammenhänge sicher nicht allein mangelnder Mundhygiene zugeschrieben werden können. Selbst wenn dies der Fall sein sollte, wird die Zahnmedizin nicht umhin kommen, das Thema PA gegenüber den männlichen Patienten effizienter zu kommunizieren. Hier erwartet das Auditorium des 2. Hirschfeld-Tiburtius-Symposiums auch ein Vortrag quasi aus erster Hand: Thomas Altgeld, Landesvereinigung für Gesundheit/Niedersachsen und Autor des Buches „Männergesundheit“ wird in seinem Beitrag zum Thema „Männer für Prävention gewinnen – aber wie?“ entsprechende Tipps vermitteln. Seine Zusage für Vortrag und Thema verband er mit einem Kompliment: „Ich übernehme es vor allem gerne, weil ich, ehrlich gesagt, Ihren Verband noch nicht kannte und wirklich beeindruckt bin, wie Sie mit Genderfragen in der zahnärztlichen Versorgung arbeiten.“
Dies beleuchtet auch einen emotionalen Faktor für die – allerdings schwindenden – Hürden für diese Herangehensweise in der Zahnmedizin: In den Geisteswissenschaften ist „Genderforschung“ gleichgesetzt mit „Frauenforschung“, im Kreis der Philosophen und Soziologen haben Mediziner nach wie vor Probleme, die eher biologische und weit umfassendere Sichtweise der Ärzte und Zahnärzte verständlich zu machen. Daher wird der thematische Arbeitskreis des Dentista Clubs am Vorabend des Symposiums auch seine Bezeichnung ändern und sich eindeutiger positionieren. Intensiviert wird die Implementierung der Zahnmedizin in die Medizin auch bei dieser Thematik: Für die zurückliegende Jahrestagung 2009 zur „Geschlechterforschung in der Medizin“ (Charité) konnte erstmals ein zahnmedizinisches Poster angemeldet werden. Dabei hat die Zahnmedizin gegenüber manchem allgemeinmedizinischen Fach ausgesprochen gute Karten: fundierte Daten. Die Hürde scheint derzeit, so die Einschätzung des Dentista Clubs, eher das „Zahn“ als die „Medizin“ im Begriff zu sein. Mit dem 2. Hirschfeld-Tiburtius-Symposium wird daher auch ein erneutes öffentliches Signal gesetzt, dass sich der Berufsstand mit seinem Wissen und seinem Engagement in der Medizin sehen lassen kann und von ihr nicht zu trennen ist.
Infos und Anmeldung: www.dentista-club.de
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