FREIBURG - Freiburger Forscher entwickelten jetzt einen Lichtschlauch, der selbst kleinste Einzeller greif- und sichtbar macht. Die Methode soll in Zukunft das Verhalten und die Zellmechanik von weiteren Bakterien untersuchen und helfen, Infektionskrankheiten besser zu verstehen.
Wissenschaftler
vom Institut für Mikrosystemtechnik (IMTEK) der Universität Freiburg
haben eine neuartige optische Falle konstruiert, die mittels eines
Lasers sehr kleine, längliche Bakterien festhalten und abscannen kann.
So haben die Physiker Prof. Dr. Alexander Rohrbach und Matthias Koch
eine Art Lichtschlauch erzeugt, in dem die agilen Einzeller gefangen
werden. Bisher war es mit optischen Pinzetten nur möglich, Bakterien an
einem Punkt ihres Körpers festzuhalten, ohne jedoch ihre Lage verändern
zu können. Die Freiburger Forscher konnten nun durch den sich schnell
bewegenden fokussierten Laser gleichmäßig verteilte Kräfte auf das
Bakterium ausüben, welches seine komplexe Form fortlaufend ändert.
Gleichzeitig gelang es, durch die Messung von kleinsten Ablenkungen der
Lichtteilchen am gefangenen Bakterium seine Bewegungen in sehr
schnellen, dreidimensionalen Bildfolgen aufzuzeichnen. Dies berichtet
das Team in der aktuellen Online-Ausgabe von „Nature Photonics“.
In ihrer Studie untersuchten die Wissenschaftler so genannte
Spiroplasmen. Diese spiralförmigen Bakterien sind mit 200 Nanometern
Durchmesser nur so dick wie circa 1.000 Atome. Da sie keine feste
Zellwand besitzen, können sie sich rasant verformen und dadurch
fortbewegen. Herkömmliche Lichtmikroskope können diese Bakterien
aufgrund ihrer geringen Größe und schnellen Bewegungen nicht ausreichend
gut abbilden. Mit der neu entwickelten optischen Falle konnten die
Biophysiker das Bakterium mit Lichtkräften über seine ganze Länge
festhalten und ausrichten.
Eine wichtige Eigenschaft von Laserlicht ist die Fähigkeit, dass sich
überlagernde Lichtteilchen in ihrer Helligkeit erhöhen oder auslöschen
können. Wenn Licht auf das Bakterium trifft und von ihm abgelenkt wird,
überlagert es sich mit nicht abgelenktem Licht und wird dadurch
verstärkt. Dadurch können dreidimensionale Aufnahmen nicht nur mit hohem
Kontrast, sondern auch mit erhöhter Auflösung erzeugt werden. Somit ist
es möglich, bis zu 1.000 dreidimensionale Aufnahmen in der Sekunde zu
machen und die schnellen Bewegungen des Bakteriums detailliert zu
erfassen, die die Forscher in einem Film festgehalten haben. „Dies ist
physikalisch faszinierend, da die Bewegungen der Bakterien mit extrem
kleinen Energieveränderungen verbunden sind, die normalerweise kaum zu
messen sind“, sagt Rohrbach, der Mitglied des Exzellenzclusters BIOSS,
des Zentrums für Biologische Signalstudien der Universität Freiburg,
ist. Dies mache die Erfindung zu einem praktischen Werkzeug für die
Grundlagenforschung. „Das biologisch Reizvolle sind die Signale, die das
Bakterium durch seine Formveränderungen nach außen trägt, weil es damit
Hinweise auf molekulare Vorgänge in seinem Inneren gibt –
beispielsweise als Reaktion auf Stresszustände, in die das Bakterium
versetzt wird.“
Mit dieser Methode wollen die Freiburger Wissenschaftler in Zukunft das
Verhalten und die Zellmechanik von weiteren Bakterien untersuchen, die
keine Zellwand besitzen und daher nur schwer mit Antibiotika bekämpft
werden können. Diese Studien könnten somit helfen, bakterielle
Infektionskrankheiten besser zu verstehen.
Originalpublikation:
M. Koch, A. Rohrbach. Object-adapted optical trapping and shape-tracking
of energy-switching helical bacteria. Nature Photonics, 2012.
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