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Finanzkrise erreicht die Apobank

Bittere Pille für die apo-Bank. Die Finanzkrise macht der Ärzte- und Apothekerbank schwer zu schaffen (Foto: Dmitriy Shironosov).
Claus Frömming

Claus Frömming

Do. 29. Oktober 2009

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DÜSSELDORF/BERLIN – „Hoffentlich wird es nicht so schlimm wie es schon ist.“ Mit diesem von Karl Valentin geliehenen Satz verabschiedete sich Günter Preuß am 19. Juni dieses Jahres in den Ruhestand. 14 Jahre lang war er Vorstandssprecher der Ärzte- und Apotheker-Bank (Apobank). Ein kleiner Scherz zum Abgang oder Galgenhumor?

Der Lacher von damals bleibt Vorstand und Anlegern der Apobank angesichts der jüngsten  Ergebnisse eher im Halse stecken. Preuß’ Nachfolger Herbert Pfennig, bis dahin Vorstandsmitglied der Frankfurter Sparkasse, hat er wohl einen Sanierungsfall hinterlassen. Zum zweiten Mal innerhalb eines Jahres sackt der Bilanzgewinn des über Jahre gewinnverwöhnten Bankhauses erheblich ab. Für das erste Halbjahr 2009 stehen gerade mal 7,6 Millionen Euro zu Buche.

Dabei sah die Jahresendbilanz 2008 trotz allgemeiner Bankenkrise noch recht ordentlich aus. Als Landesbanken (Bayern, Baden-Württemberg, Nordrhein-Westfalen) vor dem Abgrund standen, ließen 59,6 Millionen Euro Gewinn aufhorchen und hoffen. Viele dachten, da sei die Bank an der allgemeinen
Krise gerade mal so vorbeigeschrammt. Doch spät kommen sie, aber sie kommen – die Folgen riskanter Wertpapieranlagen. Denn auch die Apobank hatte mit Anlagen bei der bankrotten US-Investment Bank Lehman-Brothers sowie in Schieflage geratener isländischer Banken erhebliche Verluste eingefahren. Die Bank selbst bezifferte sie bisher auf 338,2 Mio Euro. Das hatte schon den Gewinn für das erste Halbjahr 2008 um gut 50 Prozent einbrechen lassen (2007: 113,4 Mio). Jetzt ging es um weitere 86,7 Mio Euro runter. Hat die Apobank da die Auswirkungen der Krise unterschätzt oder gar nicht sehen wollen? Apobank-Sprecher Dr. Thomas Siekmann: „Den Auswirkungen der Finanzkrise kann sich grundsätzlich kein Kreditinstitut entziehen – auch die apoBank nicht. Die Bank hat aber trotz des herausfordernden Umfeldes im ersten Halbjahr 2009 ein positives, wenn auch aufgrund von Sondereffekten verringertes Halbjahresergebnis erwirtschaftet.“

Skepsis bleibt dennoch bei den Düsseldorfer Genossenschaftsbankern. Zeigte man sich nach den Ergebnissen vom Jahresende 2008 optimistisch, die Krise zu meistern und wagte gar die Prognose einer weiteren hohen Dividende fürs Jahr 2009 von abermals 6 Prozent. Und nun? Katerstimmung! Dr. Thomas Siekmann: „Die Unsicherheit  über die weitere Entwicklung der Finanzmarktkrise lässt aus heutiger Sicht – wie bei anderen Banken auch – keine zuverlässige Ergebnisprognose für das Gesamtjahr 2009 zu. Insofern können wir zum jetzigen Zeitpunkt auch keine seriöse Aussage darüber treffen, wie hoch die Dividende für das Geschäftsjahr 2009 ausfallen wird.“

Dass die Apobank die Ausfälle allein meistern wird, daran glauben nun auch die Verantwortlichen selbst nicht mehr. Zum zweiten Mal holt sich die Apobank Hilfe vom genossenschaftlichen Verbund. Weil Ratingagenturen wie Moodys Mitte des Jahres die Bonität strukturierter Wertpapiere schlechter bewerteten, musste die apoBank hierfür mehr Eigenkapital als Sicherheit vorhalten. Laut Apobank-Vorstandssprecher Herbert Pfennig habe dies im 1. Halbjahr dieses Jahres 900 Millionen Euro ausgemacht. Das hatte zur Folge, dass das Kernkapital der Bank seit Jahresende von 8,7 auf nunmehr 6,4 Prozent absank. 150 Millionen hat die Sicherheitseinrichtung des genossenschaftlichen Bankenverbundes (BVR) der apoBank als Garantie zur Verfügung gestellt. Die Apobank selbst beziffert den Bestand strukturierter Wertpapiere auf 5,4 Milliarden Euro. Hinzu kommen 8,6 Milliarden an verbrieften Forderungen. Sollten Ausfälle entstehen, so muss die Apobank lediglich für 30 Millionen geradestehen. Der Rest geht zulasten des Sicherungsverbundes. Bislang gäbe es laut Pfennig keine Ausfälle. Zudem lägen einem großen Teil der Wertpapiere sichere Staatsanleihen zugrunde. Dennoch hat Pfennig gleich nach Amtsantritt nochmals eine externe Prüfung aller Papiere in Auftrag gegeben.

Millionenhohe Abschreibungen
338,2 Millionen Euro hatte die Apobank im Jahr 2008 abgeschrieben. Das ist das Ergebnis von Anlagen von der zusammengebrochenen US-Investment-Bank Lehman-Brothers (61 Millionen) und der in Schieflage geratenen isländischen Banken (140 Millionen). Zudem musste die Bank 131 Millionen aus der Vorsorgereserve auflösen. So ergab sich einschließlich der Risikovorsorge im klassischen Kreditgeschäft ein Saldo von 244 Millionen Euro. Nach Angaben der Apobank habe man damit aber  immerhin 70 Prozent des kritischen Engagements abgeschrieben. Offen bleiben Risiken bei den 2007 ins Trudeln geratenen LAAM-Fonds.

Zugute halten Analysten der Bank, dass sie bereits sehr früh und offensiv auf die Finanzkrise reagiert hat. Allein für 2007 wurden Wertberichtigungen in Höhe von 188,5 Millionen Euro vorgenommen (2006: 1,4 Millionen). 2007 kamen erste Gerüchte über eine Schieflage der zur Apobank gehörenden Fondsgesellschaft AC Capital im irischen Dublin auf. Dort hatten vor allem Ärzte-Versorgungswerke investiert. 1,3 Milliarden Dollar soll AC Capital in den Markt für verbriefte Hypotheken investiert haben.
Nach Ausbruch der Krise sollen diese bis zu 28 Prozent an Wert verloren haben, was in Ärztekreisen
für ernsthafte Unruhe sorgte. Die Apobank sprach damals von „vorübergehenden Wertschwankungen“. Allerdings brachte es die West-LB, die damals investiert und Teile der Refinanzierung übernommen
hatte, in Turbulenzen, sodass sie Ende 2007 ausstieg. Glücklicherweise fand man nur kurze Zeit
später in der zum genossenschaftlichen Verbund gehörenden DZ-Bank Ersatz. Inzwischen aber musste die DZ-Bank selbst eine Garantie der BVR über eine Milliarde in Anspruch nehmen.

Bei der Frage nach der Schuld für die heftigen Turbulenzen der Apobank fällt immer wieder vor allem ein Name – Claus Harald Wilsing. Der ehemalige Kapitalmarktvorstand soll maßgeblich den Aufbau des umstrittenen Portfolios von Finanzprodukten betrieben haben. Noch bei der Vorstellung seines  Nachfolgers fand Ex-Vorstandssprecher Günter Preuß keine guten Worte für viele Banker. Gierig seien sie, so posaunte er, und hätten jedes Maß verloren. „Manche Geschäfte gehören sich einfach nicht“, so ließ er sich zitieren. Zu Wilsing sagte er lieber nichts. Immerhin warfen die Kreditpakete mehr Zinsen ab als Staatsanleihen, von denen die Bank gut lebte. Doch der Vorstand hätte gewarnt werden müssen. Bis 2005 war Wilsing Chef der Sachsen-LB Tochter in Dublin, die nach riskanten Geschäften zum Zusammenbruch der gesamten Sachsen-LB führte und in der Folge Sachsens Ministerpräsidenten Georg Milbradt (CDU) zum Rücktritt zwang. Im Zuge von Umstrukturierungen des Vorstands verließ Wilsing Ende 2008 die Bank. Doch so ganz wird ihn die apoBank nicht los. Er ist Mitbegründer der apoBank- Tochter AC Capital in Dublin und persönlich beteiligt. Vielleicht behält Wilsing deshalb einen Fuß in der apo-Tür. Nach Angaben der Bank fungiert er weiter als Berater in Fragen des Kapitalmarktes und als Aufsichtsratsvorsitzender der AC Capital.

Inzwischen hat wohl die apo-Bank ihre Lehren aus der Krise gezogen und will, so ließ sie verlauten,
die Finger von strukturierten Wertpapieren lassen. apoBank-Sprecher Thomas Siekman: „Die Bank wird ihr Finanzinstrumente-Portfolio konsequent abbauen, um ihre Ressourcen künftig ganz auf die Wachstumspotenziale in ihrem Kerngeschäft als Bank im Gesundheitswesen zu konzentrieren.
Gerade hier sind wir in der jetzigen Zeit sehr erfolgreich. Zwei Milliarden Neuausleihungen
im Darlehensbereich im ersten Halbjahr 2009 belegen auch sehr deutlich, das es bei der apo-Bank keine Kreditklemme gibt.“ Bis 2013 will die apoBank dieses Teilportfolio in etwa halbiert haben. Mit einer stärkeren Konzentration wieder auf das Kerngeschäft, auf die Heilberufe, sieht sich die apoBank für die nahe Zukunft gut aufgestellt. Das vor allem Dank gestiegener Kundenzahlen und des respektablen
Neu-Kreditgeschäfts.

Unwägbarkeiten stehen aber angesichts der neuen Wirtschaftszahlen ins Haus. Ging die Bundesregierung noch im Januar von einem Rückgang der Wirtschaftsleistung um 2,25 Prozent aus, so sehen sie jetzt einen Wert von sechs Prozent als realistisch. Die Arbeitslosenzahlen könnten in diesem Herbst die Marke von vier Millionen überschreiten. Inzwischen sprechen renommierte  Wirtschaftsinstitute von der „tiefsten Rezession seit Gründung der Bundesrepublik“. Nach ersten Hochrechnungen der Steuerschätzer könnte der Staat bis zu 200 Milliarden Euro weniger einnehmen, als noch 2008 angenommen. Dies bedeute eine Neuverschuldung der Bundesrepublik von 132 Milliarden.

Konkurrenz anderer Banken Zwar heißt es oft und gern, krank würden die Menschen immer und für deren Heilung zahle meist der Staat. Doch dass die zu erwartenden Belastungen des größten Gesundheitsfinanzierers in Deutschland an der einheimischen Medizinbranche spurlos vorbeigeht, wäre gegen jede Logik. 97 Prozent der Ärzte erwarten nach einer Studie der Deutschen Ärzte-Versicherung inzwischen, dass bis 2010 mangels Nachfolger zahlreiche Praxen schließen werden. Denn nur finanziell gut gehende Praxen sind attraktiv für einen Nachfolger. Und: Nach neuesten Berechnungen werden den Krankenkassen  im nächsten Jahr 2,9 Milliarden Euro fehlen. Ob die der Staat dann auch noch schultert, bleibt abzuwarten. Für die niedergelassenen Ärzte ist bisher kaum etwas zu spüren. Nach Einschätzungen des Deutschen Krankenhausinstitutes in Düsseldorf kommen zwar in Krisen vor allem aus sozial schwächeren Schichten weniger Patienten in die Praxen. Doch das Budget aus der gesetzlichen Krankenversicherung (75 bis 80 Prozent des Umsatzes) sei fest. Bisher jedenfalls. Mehr Sorgen machen sich die Finanzstrategen der apo-Bank um Ärzte, bei denen Zuzahlungen und freiwillige Leistungen vom Patienten getragen werden müssen. Dazu gehören teure Zahnbehandlungen, Schönheitspraxen oder das Reha-Segment. Hier rechnet auch die Kassenärztliche Bundesvereinigung mit einem deutlichen Einschnitt, der sicher auch Auswirkungen auf das operative Geschäft der apoBank haben wird. Von den deutschen Ärzten, Apothekern und Zahnärzten sind nach Angaben der apoBank 60 Prozent Kunden beim Marktführer.

In unsicheren Zeiten halten sich viele Arztpraxen mit Investitionen zurück. Und dazu kommt, dass da, wo selbst Banken Probleme haben, sich mit ausreichend Liquidität einzudecken, diese die Risikozuschläge erhöhen,  was die Kredite für den Kunden verteuert. Das spürt inzwischen die Medizintechnik-Branche. Deren Aufträge gingen merklich zurück, so die Einschätzung des Branchenverbandes Spectaris. Weniger Aufträge – weniger Kreditwünsche. Für den wichtigsten Gesundheitsmarkt der Welt, den USA, hat die Ratingagentur Moodys den Ausblick für die nächsten anderthalb Jahre erstmalig in seiner Geschichte inzwischen von stabil auf negativ gesetzt.

Und noch ein Risikofaktor kommt in den nächsten Jahren hinzu. Andere in- und ausländische Banken entdecken die Medizinbranche als lukrative Klientel. Die Deutsche Bank startete bereits 2008 eine Medizinoffensive. Derzeit hat sie gut 30.000 Kunden aus dem Medizinsegment. In den nächsten fünf Jahren will man diese Zahl verdoppeln. Schon jetzt klopfen bis zu 200 Medizinberater bundesweit an die Türen von Ärzten und Apothekern, um sie mit lukrativen Angeboten zu locken. Noch sieht das die apoBank mit Gelassenheit. Dr. Thomas Siekmann, apo- Bank-Sprecher: „Wir nehmen die Mitbewerber durchaus ernst. Aber unsere Stellung im Segment der Heilberufe ist weiterhin hoch. Zudem verfügen wir als Spezialist und Nischenanbieter über ein einmaliges Knowhow.“ Schmerzlich traf die apo-Bank, als ihr die inzwischen in die Commerzbank aufgegangene  Dresdner Bank Mitte 2008 die Kooperation mit der Hausärztlichen Vertragsgemeinschaft (HÄVG) abnahm und kurze Zeit später gar zur Hausbank der HÄVG wurde.

Vielleicht wird es sogar noch schlimmer für die apoBank, als es schon ist.

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