DT News - Germany - Kein Gesundheitsrisiko durch Bisphenol A

Search Dental Tribune

Kein Gesundheitsrisiko durch Bisphenol A

Laut Kommission besteht bei der gegenwärtigen Höhe der Aufnahme von Bisphenol A über die verschiedenen Belastungspfade kein gesundheitliches Risiko für die Bevölkerung einschließlich Säuglingen und Kleinkindern. Die Entscheidung, Bisphenol A in Babyflaschen zu verbieten, beruhe auf einer Anwendung des Vorsorgeprinzips. (Bild: ffolas)
Leibniz-Institut für Arbeitsforschung

Leibniz-Institut für Arbeitsforschung

Di. 17. Mai 2011

Speichern

DORTMUND – Laut einer EU-Richtlinie ist es ab 1. Juni 2011 untersagt, Babyflaschen in Verkehr zu bringen, die mit Bisphenol A hergestellt wurden. Die Beratungskommission der Gesellschaft für Toxikologie in Dortmund hat vor diesem Hintergrund die aktuellen Forschungsergebnisse zu Bisphenol A kritisch geprüft.

Seit mehr als zehn Jahren wird kontrovers diskutiert, ob für Verbraucher eine Gesundheitsgefahr durch Bisphenol A (BPA) besteht. BPA ist ein Baustein zur Herstellung der weit verbreiteten Polycarbonat-Kunststoffe. Durch das jüngste Verbot der EU von Bisphenol A in Babyflaschen ist der Stoff erneut in die öffentliche Diskussion gerückt. Die Beratungskommission der Gesellschaft für Toxikologie hat vor diesem Hintergrund die aktuellen Forschungsergebnisse zu Bisphenol A kritisch geprüft und mögliche gesundheitliche Risiken bewertet. Die Ergebnisse wurden vor kurzem in den Critical Reviews of Toxicology publiziert (Hengstler et al., 2011).

Die Kommission kommt zu dem Schluss, dass bei der gegenwärtigen Höhe der Aufnahme von Bisphenol A über die verschiedenen Belastungspfade kein gesundheitliches Risiko für die Bevölkerung einschließlich Säuglingen und Kleinkindern besteht. Entscheidungen auch der EU, Bisphenol A in Babyflaschen zu verbieten, gründen nicht auf einem erwiesenen Risiko, sondern beruht auf einer Anwendung des Vorsorgeprinzips. Die Ergebnisse neuer Studien haben gezeigt, dass kein Anlass zur Sorge vor schädlichen Effekten auf die Entwicklung des ZNS, Verhalten oder auf die Prostata besteht. Damit wird erneut belegt, dass der in der EU gültige Grenzwert für die lebenslang tolerierbare tägliche Aufnahme (TDI) von 50 µg/kg Körpergewicht wissenschaftlich valide begründet ist.

Kritik an den neueren tierexperimentellen Studien nicht gerechtfertigt
Kürzlich wurden gerade diejenigen tierexperimentellen Studien in Frage gestellt, aus denen die maximal tolerierbare tägliche Aufnahmemenge von Bisphenol A abgeleitet wurde. Die Beratungskommission hat in ihrer Publikation zahlreiche Kritikpunkte umfassend geprüft und kommt zu dem Schluss, dass die toxikologischen Prüfungen, auf denen der TDI beruht, sorgfältig geplant und durchgeführt wurden und damit zur Ableitung spezifischer Grenzwerte geeignet sind.

Von einigen Wissenschaftlern wurde angeführt, dass es auch bei Belastungen durch BPA unterhalb des TDI von 50 µg/kg Körpergewicht/Tag zu gesundheitlichen Schäden komme. Bei niedriger Konzentration könne sich sogar eine verstärkte Wirkung zeigen. Die Studien, aus denen diese Folgerungen abgeleitet wurden, erwiesen sich als nicht reproduzierbar oder waren unzureichend durchgeführt und/oder unvollständig dokumentiert. Die Beratungskommission kommt zu dem Schluss, dass diese Aussagen nicht haltbar sind.

Beim Menschen ist die orale Aufnahme ein Hauptaufnahmeweg. Bisphenol A wird in der Leber zu nahezu 100 Prozent verstoffwechselt; die unwirksamen Stoffwechselprodukte werden vollständig im Urin ausgeschieden. Daher kann durch die Bestimmung der Stoffwechselprodukte im Urin die Menge des oral oder über die Haut in den Körper aufgenommenen Bisphenol A zuverlässig abgeschätzt werden. Aus Biomonitoring-Studien geht hervor, dass die Belastung der Allgemeinbevölkerung gegenüber Bisphenol A weit unter der tolerierbaren täglichen Aufnahme (TDI) von 50 µg/kg Körpergewicht liegt. Auch über die Haut kann BPA aufgenommen werden. Die Aufnahme über die Haut liegt neuesten Daten zufolge bei deutlich unter 1 µg/kg Körpergewicht.

Die effiziente entgiftende Verstoffwechselung von BPA führt zu einer sehr kurzen Verweildauer im Körper. Bei der Risikobewertung ist zu berücksichtigen, dass ein wichtiger Stoffwechselweg (die Glucuronidierung) beim Säugling in den ersten Lebensmonaten noch nicht die volle Aktivität wie beim Erwachsenen erreicht hat. Allerdings ist der zweite entgiftende Stoffwechselweg (die Sulfatierung) bereits voll aktiv. Studien unter Einsatz pharmakokinetischer Modellrechnungen haben ergeben, dass Bisphenol A von Säuglingen etwas langsamer verstoffwechselt wird als beim Erwachsenen. Aber auch unter Berücksichtigung dieser neuesten Arbeiten kann festgestellt werden, dass im Falle der Nutzung von Babyflaschen aus BPA-haltigem Kunststoff für Säuglinge kein gesundheitliches Risiko besteht.

Behördliche Reaktionen
Die Beratungskommission hat in ihrer Übersichtsarbeit die unterschiedlichen Reaktionen von Behörden in verschiedenen Ländern zusammengefasst. Die Entscheidung einiger Länder und auch der EU, Babyflaschen aus Polycarbonat zu verbieten, beruht auf einer strengen Anwendung des Vorsorgeprinzips. Wissenschaftlich begründet sind diese Verbote nicht. Die Beratungskommission stellt fest, dass auch ohne ein Verbot von Babyflaschen kein Anlass zur Besorgnis hinsichtlich einer gesundheitlichen Gefährdung der Bevölkerung inklusive der Säuglinge durch Bisphenol A besteht. Das gilt auch unter Berücksichtigung möglicher Effekte auf die Entwicklung, die Immunabwehr und die Tumorentwicklung beim Menschen, die bei der vorsorgeorientierten Entscheidung der EU-Kommission als "unsichere Bereiche" genannt wurden.

To post a reply please login or register
advertisement
advertisement