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Umfrage bestätigt: Patientenrechtegesetz ist erforderlich

Die Chemie muss stimmen: Die Bundeszahnärztekammer hofft, dass das wichtige Vertrauensverhältnis zwischen Arzt und Patient nicht in ein Misstrauensverhältnis umgekehrt wird. (Foto: Marcin Balcerzak)
Yvonne Bachmann, DTI

Yvonne Bachmann, DTI

Do. 16. Dezember 2010

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GÜTERSLOH/LEIPZIG – Kann ich von meinem Arzt die Herausgabe meiner Karteiunterlagen verlangen? Muss er mir die komplette Wahrheit über meinen Gesundheitszustand sagen? Eine aktuelle Umfrage der Gütersloher Bertelsmann-Stiftung zeigt, wie verunsichert die deutschen Patienten tatsächlich sind. Im Frühjahr will die Bundesregierung das Gesetzgebungsverfahren für das Patientenrechtegesetz anstoßen. Die Bundeszahnärztekammer bezweifelt jedoch, dass alle bestehenden Rechte in einem Gesetz gebündelt werden können.

Ein Patientenrechtegesetz ist dringend notwendig, da sind sich Bund, Patienten und Ärztekammern einig. Wie schlecht viele Patienten informiert sind, zeigt die Bertelsmann-Umfrage, in deren Rahmen 1.500 Menschen befragt wurden. Sie brachte unter anderem zu Tage, dass 20 Prozent der Bevölkerung nicht wissen, ob sie Einsicht in die Behandlungsunterlagen verlangen können. Ganze 41 Prozent gehen zudem fälschlicherweise davon aus, dass sie von ihrem Arzt eine gezielte Lebensverkürzung verlangen können. Dass der behandelnde Arzt seinem Patienten stets die Wahrheit über seine jeweilige Erkrankung sagen muss, wissen gerade einmal 38 Prozent der Patienten. Nur neun Prozent der Befragten wissen, dass sie bei einem Arztwechsel nicht die Herausgabe der Originalunterlagen verlangen können.

„Solche Unsicherheiten können dazu führen, dass der Patient wichtige Rechte nicht in Anspruch nimmt“, sagt Dr. Brigitte Mohn, Vorstandsmitglied der Bertelsmann Stiftung. Dieses Unwissen könne den Behandlungsprozess beeinträchtigen.

Doch ein Patientenrechtegesetz ist in Planung. Im Juni 2009 hatte die damalige Patientenbeauftragte der Bundesregierung, Helga Kühn-Mengel (SPD), die Eckpunkte des Gesetzes vorgestellt. Zu den sechs Punkten gehörten unter anderem die Forderung nach einem Akteneinsichtsrecht für Patienten und nach der Stärkung der Rechte von Betroffenen nach Behandlungsfehlern.

Für das Positionspapier hagelte es Kritik von Seiten der Bundeszahnärztekammer (BZÄK), die der SPD-Bundestagsfraktion vorwarf, dass deren „eingeschlagener Weg das partnerschaftliche, auf Vertrauen basierende Verhältnis zwischen Zahnarzt und Patient in Frage stelle“. Die Pläne würden notwendig zu einer Misstrauenskultur führen.

Nach dem Regierungswechsel beschäftigte sich Kühn-Mengels Nachfolger Wolfgang Zöller (CSU) mit dem Thema Patientenrechtegesetz. Er kündigte ein Diskussionspapier an, in das Ergebnisse aus Gesprächen mit Betroffenen, Selbsthilfegruppen, Krankenkassen und Verbänden einfließen sollten. „Diese Gespräche hat es gegeben“, sagt Wilhelm Walzik, Leiter der Geschäftsstelle des Beauftragten der Bundesregierung für die Belange von Patientinnen und Patienten im Gespräch mit Dental Tribune Online. Das Diskussionspapier werde man im Januar herausgeben, da noch Abstimmungen nötig seien. Veränderungen gegenüber dem SPD-Entwurf von 2009 werde es natürlich geben.

Die BZÄK bewertet das Thema Patientenrechtegesetz weiterhin konstruktiv kritisch. „Grundsätzlich befürwortet die Bundeszahnärztekammer die Patientenorientierung im Gesundheitswesen und unterstützt in vielen Aktivitäten Information und Aufklärung der Patienten. Es ist wichtig festzuhalten, dass Deutschland eines der Länder mit dem höchsten Niveau bereits bestehender Patientenrechte ist“, so Vizepräsident Dr. Dietmar Oesterreich gegenüber der Dental Tribune Online. Aufgrund der Vielzahl der betroffenen Rechtskreise, etwa Haftungsrecht oder Prozessrecht, sei allerdings nicht zu erwarten, dass es vollständig gelingen werde, die bestehenden Patientenrechte in einem Gesetz zusammenzufassen. Mit Blick auf frühere Positionspapiere auf Bundesebene betrachte die BZÄK zudem die über die bestehenden Rechte hinausgehenden Regelungen mit Sorge, sofern diese einseitig zu Lasten von Ärzten und Zahnärzten gehen sollten. „Die BZÄK erwartet, dass das wichtige Vertrauensverhältnis von Patienten und Ärzten im Rahmen der Diskussionen entsprechend berücksichtigt und während des Gesetzgebungsprozesses nicht in ein Misstrauensverhältnis umgekehrt wird“, sagt Oesterreich.

Wann das Patientenrechtegesetz tatsächlich in Kraft treten wird, ist noch ungewiss. „Entsprechende Gespräche wird es im Januar mit dem beteiligten Bundesministerium für Gesundheit und der Justiz geben“, so Walzik. Geplant sei, das Gesetzgebungsverfahren im Frühjahr 2011 anzustoßen.

„Ob und inwieweit der vorgeschlagene Zeitplan realistisch ist, wird maßgeblich vom Umfang der mit dem Diskussionspapier vorgeschlagenen Regelungen abhängen“, sagt Oesterreich von der BZÄK. „In jedem Fall wird sich die BZÄK dafür einsetzen, das vorgelegte Diskussionspapier in Ruhe zu bewerten und in der nötigen Tiefe zu diskutieren. Diese Zeit der Prüfung und Bewertung sollten sich alle Beteiligten nehmen, sonst wäre der vorgeschlagene Verfahrensweg unnötig, und man könnte sogleich mit der Diskussion eines vom Ministerium vorgefertigten Referentenentwurfs beginnen.“

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