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“Ein Nationalheiligtum für Nordkoreaner”



Dental Tribune International Chefredakteur Daniel Zimmermann sprach mit dem Neurochirurgen und Aufsichtsratsmitglied Dr. Melvin Cheatham über die Hilfprojekte in Nordkorea und den Zustand der Zahnmedizin in dem kommunistischen Staat.
Daniel Zimmermann

Daniel Zimmermann

Mi. 7. März 2012

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Die Hilfsorganisation Samaritan’s Purse aus North Carolina, USA, unterstützt durch Freiwillige zahlreiche medizinische Hilfsprojekte in aller Welt. Als eine von wenigen Organisationen unterhält sie auch Beziehungen zu Nordkorea. DTI Chefredakteur Daniel Zimmermann sprach mit dem Neurochirurgen und Aufsichtsratsmitglied Dr. Melvin Cheatham über die Hilfsprojekte vor Ort.

DT Online: Dr Cheatham, wie viele Dinge in Nordkorea ist offiziell nicht allzu viel über die zahnmedizinische Infrastruktur vor Ort bekannt. Wie schätzen Sie den Stand der Zahnmedizin in Nordkorea ein?

Dr Cheatham: Obwohl ich bisher über 20 Mal das Land besucht und hochranginge Vertreter der nordkoreanischen Regierung getroffen habe, ist es für mich grundsätzlich noch immer schwierig, den Zustand der zahnmedizinischen Versorgung in der Volksrepublik einzuschätzen. Es ist jedoch auch für mich offensichtlich, dass die Zahnmedizin hier auf weit geringerem Niveau stattfindet als zum Beispiel bei Ihnen in Deutschland. Nimmt man andere Entwicklungsländer als Beispiel, so ist außerdem anzunehmen, dass Zahnmedizin hier von Leuten ausgeübt wird, die eigentlich nicht die Ausbildung besitzen, um Patienten nach professionellen Standards zu versorgen.

Unter der Führung von Pfarrer Franklin Graham unterstützt ihre Organisation seit einiger Zeit zahnmedizinische Hilfsprojekte in dem Land. Wann haben diese begonnen?
Die Beziehungen zwischen der Familie Graham und der Volksrepublik reichen bis in die 30er Jahre des vorigen Jahrhunderts zurück, als Ruth Belle Graham, die Mutter von Franklin Graham, eine Missionarsschule in Pjöngjang besuchte, das damals von den Japanern besetzt war. Aufgrund dessen war es schon immer ein Anliegen ihres Mannes Bill Graham das Land selbst zu besuchen. Zum ersten Zusammentreffen mit dem nordkoreanischen Präsidenten Kim Il-sung kam es jedoch erst im Jahr 1994, kurz bevor dieser verstarb.

 Während dieses Besuches half die Billy Graham Evangelistic Association dabei, ein Zahnärztemobil auszustatten, dass vor allem der Versorgung der Landbevölkerung dienen sollte. Ein zweites Mobil wurde Jahre später von unserer Organisation auf Anfrage der Koreaner zur Verfügung gestellt. Beide werden inzwischen als nationales Heiligtum betrachtet, da sie mit der Zustimmung des „Geliebten Führers“ ins Leben gerufen wurden.



Sind diese Dienste heute noch aktiv?
Ja, obwohl sich das Augenmerk inzwischen auf eine ständige Einrichtung in der Hauptstadt verschoben hat. So bat uns das nordkoreanische Gesundheitsministerium vor einigen Jahren bei der Ausstattung einer Zahnklinik in Pjöngjang um Hilfe, die nicht nur Anlaufstelle für Patienten sein sollte, sondern auch Möglichkeiten bot, Zahnärzte in neueren Techniken und Verfahren auszubilden, um so die Mundgesundheit in der Volksrepublik generell zu verbessern. 

Diese Klinik ist inzwischen sehr gut ausgestattet und verfügt über sechs Behandlungsräume, umfangreiche Lehrmittel sowie ein zahntechnisches Labor für die Anfertigung von Zahnersatz.



Wie gestaltet sich die Zusammenarbeit mit Ihren koreanischen Partnern?
Ich denke, dass sie sowohl die gestellte Ausrüstung als auch die Fortbildungsmöglichkeiten sehr hoch schätzen. Die Nachfrage nach zahnärztlicher Versorgung ist ziemlich groß, was die Anfrage des Gesundheitsministerium an uns verdeutlicht hat. Ähnlich wie bei der Zahnärzteschaft in anderen Ländern, ist zudem auch hier der Durst nach Weiterbildung, zum Beispiel in implantologischen Verfahren, sehr groß. Von unserer Seite aus gesehen, war es stets eine freundliche und warmherzige Zusammenarbeit.



Sie betreiben auch zahlreiche Hilfprojekte in anderen Ländern. Wie unterscheidet sich die Arbeit dort von der in Nordkorea?

Da die Volksrepublik ein geschlossenes Land ist, muss man jeden Besuch dort weit vorher beantragen und planen. Der Aufenthalt selbst ist auf wenige Tage bzw. maximal 1 bis 2 Wochen beschränkt, so dass man sich leider nicht länger in dem Land aufhalten kann. 



Hat sich in der Zusammenarbeit mit den Koreanern nach dem Tod von Kim Jong-il und der Machtübernahme durch seinen Sohn Kim Jong-un etwas verändert?

Dies ist eine sehr wichtige Zeit für das Land, da sich im April der hundertste Geburtstag ihres Staatgründers Kim Il-sung nähert. Dadurch ist gerade sehr viel im Fluss und man muss abwarten, ob es nach dem Tod von Kim Jong-il politische Änderungen geben wird. In Bezug auf die Kommunikation, die wir mit der nordkoreanischen Führung und den Projektverantwortlichen vor Ort unterhalten, erwarte ich auch für die Zukunft eine produktive Zusammenarbeit.



Vielen Dank für das Interview.

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