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„Es gibt sicherlich leichtere Wege, aber vielleicht geben sie einem nicht die gleiche Erfüllung“

Eva-Marie Broich hat ihr Zahnmedizinstudium abgeschlossen und arbeitet derzeit als Model. Den Traum von einer eigenen Zahnarztpraxis verliert sie dabei jedoch nicht aus den Augen. (Bild: VOX/Guido Lange)
Yvonne Bachmann, DTI

Yvonne Bachmann, DTI

Mo. 12. März 2012

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Der Beruf des Zahnarztes gehört wohl zu den klassischsten Karriereprofessionen. Etwa 55.000 niedergelassene Zahnärzte praktizieren in Deutschland, tausende Studenten lassen sich derzeit zu Zahnmedizinern ausbilden. Doch nicht jeder möchte nach dem Studium sofort in den Praxisalltag einsteigen. Eva-Marie Broich aus Lahnstein schloss ihr Zahnmedizinstudium 2011 erfolgreich ab und gönnt sich nun einen Abstecher in die Welt des Modelns. Dental Tribune Online sprach mit der 26-Jährigen über die Teilnahme an der TV-Casting-Show „Das perfekte Model“ und die Vereinbarkeit von Zahnmedizin und Modeltätigkeit.

Frau Broich, worin fühlen Sie sich wohler: Zahnarztkittel oder Designerkleid?
Vielleicht in einem Kittel von Armani?

Die Berufe Zahnärztin und Model könnten kaum unterschiedlicher sein, trotzdem üben anscheinend beide einen besonderen Reiz auf sie aus. Worin liegt dieser?
Es gefällt mir, immer wieder Neues auszuprobieren und mich auf die Probe zu stellen. Auch während des Studiums habe ich immer noch viele Dinge nebenbei gemacht, z.B. Italienisch gelernt und mit dem Segeln angefangen. Alles um die Zahnmedizin herum, betrachte ich jedoch immer als Nebenbeschäftigung. Erfahrung in anderen Bereichen zu sammeln kann nie schaden, vielleicht kann ich so meinen Patientinnen auch von den neusten Modetrends erzählen, und nicht nur erklären, wie man Zähne putzt.

Sie haben ihr Studium der Zahnmedizin im vergangenen Jahr abgeschlossen. Wie wäre es weitergegangen, hätten Sie nicht die Möglichkeit erhalten, an der Model-Casting-Show teilzunehmen?
Ich wollte mir sowieso ein Jahr Zeit nehmen, um zu reisen und meine Doktorarbeit zu Ende zu bringen. Als Model hat man nie geregelte Arbeitszeiten und kann sich viele Termine selbst aussuchen. Somit lässt sich das alles ganz gut miteinander vereinbaren. Da ich für einen Segelreisenveranstalter selbst Segeltörns fahre, kann ich jetzt noch einmal die Freiheit nutzen, um dafür auch außerhalb der Sommersemesterferien im Einsatz zu sein und neue Reviere kennenzulernen. Zwischendurch möchte ich gerne noch eine Famulatur machen, damit der Abstand zur Zahnmedizin nicht zu groß wird.

Haben Sie für eine mögliche Model-Karriere die komplette Unterstützung Ihrer Familie und Freunde, oder möchten die Sie lieber in der Zahnarztpraxis sehen?
Obwohl mein Vater selbst Arzt ist, bekomme ich die volle Unterstützung – gerade weil meine Eltern wissen, dass das Modeln für mich auf einen bestimmten Zeitraum begrenzt ist, ich aber meine Zukunft in der Zahnmedizin sehe und diesen hart erarbeiteten Weg auch nicht verlassen werde. Außerdem gäbe es die Möglichkeit zu Modeln zu einem späteren Zeitpunkt nicht mehr, daher stellt sich gar nicht die Frage, ob ich zuerst eine Assistenzstelle annehmen sollte.

Gehen Sie mit mehr Gelassenheit an die Aufgaben heran, die Ihnen im Rahmen der Sendung gestellt werden, als Teilnehmer, die keinen Beruf als Plan B in der Hinterhand haben?
Plan B ist eigentlich mein Leben. Sicherlich gehe ich mit einer anderen Motivation an die Sache heran und kann jeder „Entscheidung“ darüber, wer die Sendung als nächstes verlassen muss, gelassen begegnen. Ein Studium im Hintergrund hilft auf der einen Seite, diese Sache nicht ganz so ernst zu nehmen, allerdings hat man im Studium auch gelernt, Probleme immer zu analysieren und schematisch zu lösen. Diese Eigenschaft kann man auch nicht mehr ablegen, und es ist meine Art, Dinge strukturiert anzugehen. Das muss man mit dem Modeln erst einmal vereinbaren, denn bei Fotoshootings kann es zum Hindernis werden, wenn man eben zu viel nachdenkt.

Meinen Sie, dass junge Menschen heutzutage eher zu ungewöhnlichen oder ausgefallenen Berufswünschen, wie etwa der des Models, tendieren als es früher der Fall war?
Ja, ich denke schon, besonders weil es mittlerweile normal ist, seinen Job mehrmals im Leben zu wechseln. Ich denke, in Krisensituationen müssen die Leute heutzutage ihre Jobs oft auch selbst erfinden und dabei kreativ und ausgefallen sein. Deswegen finde ich es so wichtig, in sich selbst und in die eigene Ausbildung zu investieren, um auf dem eigenen Gebiet das Beste zu erreichen.

Würden Sie jungen Menschen ein Studium der Zahnmedizin weiterempfehlen?
Genauso, wie ich jedem empfehlen würde, mal einen Segeltörn zu machen, wenn man denn seefest ist oder sich nicht gleich vom ersten Unwohlsein abschrecken lässt. Denn im Studium gab es viele schwierige Momente und Hindernisse, die keinen Spaß gemacht haben, aber am Ende ist es das schließlich doch Wert gewesen. Man ist stolz, dass man es geschafft hat und fühlt eine große Erfüllung. Manchmal ist es besser einen unangenehmen Weg zu gehen, denn je dunkler der Tunnel, desto heller scheint das Licht am Ende. Ich bin sehr froh, dass ich diesen Weg gegangen bin. Es gibt sicherlich leichtere Wege, aber vielleicht geben sie einem nicht die gleiche Erfüllung.

Wie sehen Ihre Zukunftspläne aus, für den Fall, dass sie den Einstieg in das Modelgeschäft nicht schaffen?
Wenn ich in die Zukunft blicken könnte, bräuchte ich weder als Zahnärztin noch als Model zu arbeiten. Ich verstehe die Skepsis der Leute mir gegenüber, weil ich an diesem Wettbewerb teilnehme und als Model arbeite, aber für mich ist das nur eine zeitlich begrenzte Sache. Ich hatte die gleiche Skepsis, bevor ich ein Semester ausgesetzt habe, um eine Famulatur auf den Cook Islands zu machen, oder als ich das erste mal ein Segelboot alleine gefahren bin. Aber am Ende sind es die schönsten Erfahrungen, die ich im Leben sammeln konnte und nicht mehr missen möchte. Ich hoffe, dass sich keiner beleidigt fühlt, wenn ich das sage, weil ich noch nicht angefangen habe zu arbeiten, aber ich bin, bzw. ich fühle mich als Zahnmedizinerin, und das bleibt auch mein Berufswunsch, den ich nie aus den Augen verliere. Ich weiß, dass das nicht der Standardweg ist, den ein Zahnmedizinstudent nach dem Examen geht, aber es ist mein Weg. Eine Sache, die mir immer wieder in Italien bewusst wird, ist, dass es die verschieden Beilagen sind, die den Hauptgang noch schmackhafter machen.

Sollten Sie die Casting-Show gewinnen, winken ein Vertrag mit einer internationalen Modelagentur sowie eine große Werbekampagne. Wäre eine Zukunft als Zahnärztin dann eventuell nicht doch ausgeschlossen?
Das, was ich vorhatte, ist durch das Modeln keineswegs ausgeschlossen. Wenn ich gewinne, weiß ich, dass in meinem zukünftigen Wartezimmer viele alte Modemagazine liegen werden, in denen über die Show berichtet wurde, und dass ein paar Bilder von Fotoshootings an der Wand hängen... und ich trage vielleicht den Armani-Kittel!

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