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Unterlassene Hilfeleistung: schlechte Versorgung Behinderter und alter Menschen

Der Berufsverband deutscher Oralchirurgen fordert bessere politische Rahmenbedingungen zur Versorgung behindeter und älterer Menschen (Foto: Monkey Business Images).
BDO

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Do. 19. November 2009

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BERLIN – Rigide politische Rahmenbedingungen und Richtlinien sorgen in Verbindung mit Ausbildungsdefiziten im Zahnmedizinstudium dafür, dass Behinderten und alten Menschen bestimmte Leistungen oft vorenthalten werden (müssen).

„Das ist unterlassene Hilfeleistung“, kritisiert Dr. Volker Holthaus, Bad Segeberg, auf der 26. Jahrestagung des Berufsverbandes Deutscher Oralchirurgen (BDO) am 13. und 14. November in Berlin. In Deutschland sind mindestens 6,8 Millionen Menschen schwerbehindert. Mehr als die Hälfte ist 65 Jahre und älter. Bei 80 Prozent der Betroffenen ist eine Krankheit die Ursache der Behinderung. Mehr als zwei Millionen Menschen sind pflegebedürftig, über eine Million leidet an Demenz.

Die Zahl dieser Menschen wird in den nächsten Jahren aufgrund der demographischen Entwicklung steigen. Doch die zahnmedizinische Versorgung dieser Menschen ist in Deutschland ein Stiefkind. Die Zahngesundheit von behinderten, betagten, multimorbiden und pflegebedürftigen Menschen ist deutlich schlechter als die anderer Bevölkerungsgruppen.

Verbesserungen sind selbst mit bescheidenen Mitteln möglich. Dabei zeigen neue Untersuchungen, dass bei geriatrischen Patienten mit Zahnproblemen selbst mit bescheidenen finanziellen Mitteln eine Verbesserung des Zustandes in wenigen Sitzungen erzielt werden kann. Ebenso kommen die Wissenschaftler zu dem Schluss, dass „eine regelmäßige zahnmedizinische Betreuung von älteren Menschen, die in Heimen oder selbstständig leben, den jeweiligen Behandlungsaufwand sowie die anfallenden Kosten niedrig halten und eine deutliche Verbesserung des oralen und allgemeinen Gesundheitszustandes bewirken könnte“.

Doch solche Erkenntnisse stoßen bei den Verantwortlichen bislang auf taube Ohren. „Erforderlich wären politische Rahmenbedingungen, die es uns ermöglichen, behinderte Patienten adäquat prophylaktisch und prothetisch zu versorgen“, stellt Dr. Volker Holthaus, Bad Segeberg, fest. „Ebenso wäre es nötig, angehende Zahnärzte besser auf die Behandlung solcher Patienten schon im Studium vorzubereiten“, fordert der Vorsitzende der AG für zahnärztliche Behindertenbehandlung im BDO. „Zahnmediziner brauchen auch eine bessere Ausbildung etwa auf dem Gebiet innerer Erkrankungen sowie pharmakologische Kenntnisse, wenn sie multimorbide und schwerkranke Patienten kompetent betreuen sollen.“

Doch trotz zahlreicher Bemühungen hat sich die Situation in den letzten Jahren eher verschärft als verbessert. „Die Richtlinien der GKV sind inzwischen so eng gefasst, dass wohlmeinende Sachbearbeiter der Krankenkassen keinerlei Spielraum mehr haben“, beschreibt Holthaus seine Erfahrungen.

Problematisch ist etwa eine Parodontalbehandlung. Den Richtlinien zufolge, setzt diese eine ausreichende Mundpflege, eine aktive Mitarbeit sowie Motivation des Patienten voraus. Diese bei Gesunden sinnvolle Anforderung können viele Behinderte indes nicht erfüllen. Unterbleibt die Behandlung jedoch, setzt eine Abwärtsspirale ein: „Unbehandelt verschlechtert sich der Zustand und letztendlich wird die Sanierung des Gebisses ungleich teurer als wenn wir rechtzeitig hätten behandeln können.“ So ist auch eine Zahnsteinentfernung bei einem dementen Heimbewohner unter Vollnarkose letztendlich billiger als den Dingen ihren Lauf zu lassen.

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