LEIPZIG – In den vergangenen Wochen geisterte das Gerücht von Zahnärzten, die Patienten nicht behandeln würden, umher und Zahnarztverbände protestierten gegen knappe Budgets. Nun wird die Forderung nach der Budgetabschaffung laut.
Die schlimmsten Befürchtungen haben sich nicht bestätigt. Noch vor kurzem hieß es in der deutschen Presse, Mitglieder einiger deutscher Krankenkassen können in diesem Jahr nicht mehr von ihren Zahnärzten behandelt werden, da deren Budget für zahnärztliche Leistungen nicht ausreicht. Betroffen sind laut der bayrischen und der Berliner Kassenzahnärztlichen Vereinigungen die AOK-Mitglieder ihrer Bundesländer. Auch die Bundesknappschaft Bayern und die Innungskrankenkassen werden im Zusammenhang mit Budgetproblemen genannt. Die Kassen beeilten sich mit der Klarstellung, niemand müsse befürchten, er würde bei seinem Zahnarzt vor verschlossener Türe stehen. So teilt die AOK Bayern auf ihrer Internetseite mit, dass sie jeden Behandler bei der Kassenzahnärztlichen Vereinigung Bayern (KZVB) zur Anzeige bringen werde, der einem AOK-Mitglied eine Behandlung verweigert.
„Im Einzelfall können bestimmte Leistungen auf das kommende Jahr verschoben werden – aber nur, wenn das sicher und vertretbar ist“, sagt Dr. Reiner Kern, Leiter der Presse- und Öffentlichkeitsarbeit der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KZBV) gegenüber der Dental Tribune Online. Akute und medizinisch notwenige Behandlungen würden nicht verschoben, und dabei handele es sich nicht nur um Notfälle. Ihm sei nicht bekannt, dass Zahnärzte keine Termine vergeben würden, so Kern.
Den Zahnärzten entstehen durch die Behandlung von Patienten bei Budgetüberschreitungen Gewinnverluste. In einer Presseerklärung der bayrischen Kassenzahnärztlichen Vereinigung hieß es dort, die betroffenen Kassen hätten in den vergangenen Jahren zusätzliche Mittel bereitgestellt. Eine solche Maßnahme lehnten die betroffenen Krankenkassen in diesem Jahr zum Ärger der KZVB erstmals ab. Laut Udo Barske, Pressesprecher der AOK, gebe es dafür aufgrund der gesetzlichen Budgetbestimmungen auch keinen Spielraum. Die KZVB und Zahnärzteverbände wiesen schon Anfang Oktober auf die aufgebrauchten Budgets und gründeten ein „Aktionsbündnis Puffertage“.
Der Medienrummel um die angeblich verweigerten Zahnarzttermine wirkte sich offensichtlich nicht negativ auf die Mitgliederzahlen der betroffenen Krankenkassen aus. Bei der AOK habe es keine Beschwerden oder gar Austritte gegeben, so Barske auf Anfrage der DT Online.
Politik beim Wort nehmen
Die Diskussion über die knapp bemessene Budgetierung zahnärztlicher Leistungen ließ allerdings Rufe nach einer kompletten Abschaffung dieser lauter werden. So fordert die Kassenzahnärztliche Bundesvereinigung (KZBV) einen kompletten Reset des Systems und eine strukturelle Reform. „Die Budgets sind starr. Bei einigen Versicherungen bleibt Geld über, bei anderen fehlt es. Das System muss auf Null gestellt werden und eine Verteilung des Geldes an die richtigen Stellen erfolgen“, sagt Kern. Eine strukturelle Form, die es Krankenkassen und zahnärztlichen Verbänden erlaubt, die Entwicklung des reellen Bedarfs zu berücksichtigen, sei ebenfalls wichtig.
Die KZBV will laut Kern die Politik beim Wort nehmen. Die schwarz-gelbe Regierung, die bereits letzten Herbst im Koalitionsvertrag über Änderungen im Bereich Budgetierung zahnärztlicher Leistungen gesprochen habe, wolle die Thematik nun im Jahr 2011 in Angriff nehmen.
Udo Barske will nicht so recht an eine Abschaffung der zahnärztlichen Budgetierung glauben. „Ich halte es nicht für sehr wahrscheinlich, da die Politik das Handeln der Zahnarztfunktionäre zuletzt nicht besonders positiv aufgenommen hat.“
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