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Interview: “Trotz Margendruck und Kostensenkung die Attraktivität für den Kunden erhöhen”

Ueli Breitschmid, Präsident des Arbeitgeberverbandes der Schweizer Dentalbranche (Bild: Curaden AG)
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Mi. 31. August 2016

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In jedem Newsletter führt ADDE ein exklusives Interview mit führenden Vertretern des europäischen Dentalhandels. Für diese Ausgabe konnten wir Ueli Breitschmid gewinnen, seit 50 Jahren in der Dentalindustrie. Der Präsident des Arbeitgeberverbandes der Schweizer Dentalbranche, CEO und Gründer von Curaden spricht gewohnt ehrlich und klar über die Veränderungen im Schweizer Dentaldepotgeschäft, die Bedeutung regionaler Messen für den Handel sowie wichtige Trends und Entwicklungen in der Industrie. Eine seiner wichtigsten Empfehlungen lautet: Denkt an die Prävention, der Mund ist das Tor zum Körper!

ADDE: Herr Breitschmid, mit dem Curaden Dentaldepot führen Sie die erfolgreichste Handelsplattform für den Labor- und Praxisbedarf in der Schweiz. Wie hat sich das Depotgeschäft in den letzten Jahren und Jahrzehnten entwickelt und wie schätzen Sie die zukünftige Entwicklung ein?
Ueli Breitschmid. Curaden Dentaldepot, als sogenanntes Vollservice Dentaldepot, hat sich in den letzten Jahren total gewandelt. Einerseits durch den Ausbau der IT Dienstleistungen für Labore und Zahnärzte, andererseits durch die Konzentration auf den digitalen Workflow und die 3D Technologien. Des Weiteren haben die Versandhäuser dank Graumarktimport unter Umgehung der offiziellen Lieferanten in der Schweiz, was durch die Aufwertung der Schweizer Währung zusätzlich begünstigt wurde, die Margen im Sundries-Geschäft stark unter Druck gebracht. Dieser Margenverlust konnte über Mengenausweitung oder höhere Preise für die Dienstleistungen im Wartungsgeschäft oder IT Dienstleistungen nicht kompensiert werden.

Klartext: Das typische Dentaldepot, auch Curaden, hat zusehends Mühe kostendeckend zu wirtschaften. Erschwerend kommt dazu, dass die Qualifikation der bisherigen Stamm-Mitarbeiter im Verkauf und Technik mit den Anforderungen der Kunden nicht mithalten kann und eine neue Generation von Mitarbeitern im Verkauf, Beratung und Service herangebildet werden musste oder muss. Ebenfalls ist die Lieferantentreue bei Mitarbeiterwechsel schwer zu halten.

Welche Auswirkungen hat diese Entwicklung auf Ihre Kunden?
Die Kundenstruktur hat sich massiv verändert; mehr und mehr „Corporate Clinics“ mit fünf bis 30 Kliniken entstehen, sodass wiederum die Anforderungen an die Konkurrenzfähigkeit steigen. Zusätzlich nutzen die jungen Kunden das Internet zum Preisvergleich (vor allem bei Investitionsgütern mit Beratungs- und Installationsbedarf), was die Margen im Einrichtungsgeschäft zusätzlich unter Druck bringt. Der Kunde kann zudem seine Produkte im Ausland kaufen, ob wir Dentalhändler das nun wollen oder nicht.

Die Herausforderung an das Management ist heute weniger die Produktekompetenz zu fördern, als vielmehr die Verhandlungskompetenz. Wir müssen dem Zahnarzt die grösseren Zusammenhänge für sein Praxismanagement aufzeigen. Die grösste Herausforderung ist schlussendlich die Aufgabe, die Preise für die Dienstleistungen gewinnbringend ansetzen zu können.

Die DENTAL BERN fand erfolgreich im Juni statt, Ihr Unternehmen, die Curaden AG, präsentierte sich mit einem grossen Stand. Warum sollten Dentalhändler die Dental Bern besuchen? Und wie denken Sie über die Dental Bern im Speziellen und regionale Messen im Allgemeinen, lohnt der Besuch solcher kleineren Messen?
Die DENTAL BERN ist eine rein nationale Leistungsschau der in der Schweiz aktiven Dentalfirmen. Für ausländische Dentalhändler lohnt der Besuch als Inspiration, aber in Bern sieht man auch nicht viel mehr als in Birmingham oder Paris. Regionale Messen wie die DENTAL BERN stehen vor der grossen Herausforderung, dass die Messe attraktiv ist für einen Besuch (must go there) und zahlbar für die Aussteller (schwierig). Die Dental Bern findet immer gemeinsam mit dem jährlichen Zahnarztkongress der Schweizerischen Zahnärztegesellschaft statt. Das hat den grossen Vorteil, dass die Zahnärzte den Kongress- und Ausstellungsbesuch kombinieren können. Erschwerend fällt ins Gewicht, dass es viele Kongresse mit Ausstellungen gibt, darunter für die Orthodontie, Dentalhygiene, Implantologie, etc. Das senkt wiederum die Bedeutung und Notwendigkeit für eine Teilnahme an zweijährigen Kongressen und Ausstellungen. Bern ist aber keine kleine Messe. Der Besuch für Dentalhändler aus dem Ausland lohnt sich, wenn er konkret jemand besuchen will.

Wie schätzen Sie den Dentalmarkt in der Schweiz aktuell ein? Welche Besonderheiten hat dieser Markt? Und welche Tipps geben Sie Ihren europäischen Kollegen, wenn sie den Schweizer Markt betreten möchten?
Europäischen Kollegen kann ich nur einen Tipp geben: trotz Margendruck und Kostensenkung die Attraktivität für den Kunden erhöhen. Sonst ist man sowieso weg, wenn man eine teure und schwerfällige Organisation hat.

Welche Entwicklungen und Trends sind aus Ihrer Sicht für Dentalhändler wichtig?
Das einzige Wachstumsgebiet für Zahnärzte ist und bleibt die Prävention. Prävention heisst das Ausdehnen der Praxiskompetenz auf Gesundheitsberatung. Der Zahnarzt ist dafür besonders gut positioniert, weil er die Kompetenz über den Mund hat. Leider passt deren Ausbildung nicht so ganz: Im Studium lernen Zahnärzte viel zu viel über Reparatur und kaum etwas über die Zusammenhänge der Gesamtgesundheit mit den Gesundheitsverhältnissen im Mund. Noch weniger lernt er, wie man Patienten so motiviert und instruiert, dass diese gerne und perfekt die Mundgesundheit pflegen. Dieses Thema kann man an keine Maschine und keinen Computer delegieren. Ich persönlich sehe dort die grosse Chance für Zahnärzte in den nächsten Jahrzehnten.

Die Praxisausstattung für die traditionellen Behandlungen werden sich wenig ändern – ausser eben, dass die Geräte mit Sensoren für die Ferndiagnose ausgestattet sein werden. Bohren bleibt Bohren! Vielleicht gibt es zukünftig Behandlungsstühle, die dem Arzt und dem Patienten noch besseren Komfort bieten für die Langzeitbehandlung.

Die Ausstattung einer normalen Praxis wird weniger klinisch betont sein und mehr Gastlichkeit bieten. Für die Mundgesundheits-Instruktion braucht es keine spezielle Infrastruktur.

Vielen Dank für das Interview.

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